Quartett Nr. 4 G-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, D 46
Werkverzeichnisnummer: 1728
1. Adagio – Allegro con moto
2. Andante con moto
3. Menuetto. Allegro – Trio
4. Finale. Allegro
1824 riet Franz Schubert seinem Bruder Ferdinand fürs Quartettspiel von seinen eigenen Frühwerken in diesem Genre ab: “… besser wird es seyn, wenn Ihr Euch an andere Quartetten als die meinigen haltet, denn es ist nichts daran”. Für den 27jährigen, der sich gerade “auf dem Weg zur großen Symphonie” befand, hatte diese Abwertung seiner frühen Quartette durchaus ihre Berechtigung, nicht jedoch für den heutigen Hörer, der im Frühwerk Schuberts oft Erstaunliches entdecken kann.
Als Schüler am k. k. Stadtkonvikt hat Schubert zwischen 1810 und 1816 elf Streichquartette komponiert, einerseits für den Unterricht bei Antonio Salieri, andererseits fürs häusliche Musizieren im Familienkreise. “Für seinen Vater und die älteren Brüder war es ein vorzüglicher Genuß, mit ihm Quartetten zu spielen … Bei diesen … spielte Franz immer Viola, sein Bruder Ignaz die zweite , Ferdinand … die erste Violine, und der Papa Violoncello”. Sein Mitschüler Albert Stadler beschrieb 1812, wie leicht dem damals 15jährigen das Komponiern von der Hand ging: “Ganz ruhig und wenig beirrt durch das im Konvikte unvermeidlich Geplauder und Gepolter seiner Kameraden um ihn her, saß er am Schreibtischchen vor dem Notenblatte … niedergebeugt (er war kurzsichtig), biß in die Feder, trommelte mitunter prüfend mit den Fingern und schrieb leicht und flüssig ohne viele Korrekturen fort”. Wenige Monate später, in nur fünf März-Tagen des Jahres 1813 komponierte Schubert sein C-Dur-Quartett, D 46. Der Dirigent und Musikwissenschaftler Peter Gülke hat in seiner Schubert-Biographie mit Nachdruck auf die Bedeutung dieses Frühwerkes hingewiesen. Sie liegt im konsequenten Gebrauch des chromatischen Quartgangs, den Schubert zu Beginn in einer langsamen Einleitung nach dem Vorbild von Mozarts Dissonanzenquartett zitiert. Indem der junge Komponist “sein Allegro immerfort im Schatten der Einleitung und ihrer symbolträchtigen Chromatik hält” und dieser Schatten auch “unvermittelt ins sprühende Finale einfällt”(Gülke) gewinnt die chromatische Figur inhaltliche, an barocke Rhetorik gemahnende Bedeutung. Gülke bezog diese auf den Tod von Schuberts Mutter im Mai 1812 und auf die “Todes-Thematik der frühesten Lieder” und kam zu der Schlußfolgerung: “derlei Zusammenhänge stellen das Streichquartett des Sechzehnjährigen in ein sehr anderes Licht als dasjenige unbeschwerten Erfahrungserwerbs oder verspielter Formversuche – wenngleich es ihrer wiederum nicht bedürfen sollte, um es der Unterschätzung als bloßes Propädeutikum zu entziehen.”