Cellosonate d-Moll, op. 40 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Dimitri Schostakowitsch

Cellosonate d-Moll, op. 40

Sonate d-Moll für Violoncello und Klavier, op. 40

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1698

Satzbezeichnungen

1. Allegro non troppo

2. Allegro

3. Largo

4. Allegro

Erläuterungen

Mit seiner frühen Sonate in d-Moll, op. 40, hat Schostakowitsch dem “cantabilen Ausdrucksgehalt” eines der schönsten Denkmale in der Celloliteratur gesetzt. Das Stück, Anfang 1934 entstanden, ist, wie die Sinfonik Schostakowitschs, ein Bekenntnis zur klassisch-romantischen Formtradition. Das Allegro non troppo beginnt wie eine Synthese aus Brahms und Debussy: mit einer lang ausgesponnen Cellokantilene über impressionistischen Akkordflächen des Klaviers. Auch das zweite Thema knüpft in seinem Ausdruck unverhohlen an die Spätromantik an, während sich der “echte” Schostakowitsch in der Durchführung zeigt. Dort wird ein Motiv aus der Schlußgruppe zunächst in fahlem Pizzicato-Kontrapunkt, dann als unerbittlich hämmernder Ostinato verarbeitet. Solche Ostinatobildungen gehören zu den wichtigsten Steigerungsmitteln auch in den Sinfonien. Der Wiedereintritt des zweiten Themas wirkt danach beinahe unwirklich schön, während das Hauptthema erst nachträglich und im Ausdruck völlig verändert wiederkehrt. Durch hohle, mechanische Oktaven im Klavier wirkt es wie entkräftet. Kantabilität scheint nicht mehr möglich. Das Durchführungsmotiv setzt den bitteren Schlußpunkt.

Das Allegro-Scherzo spielt danach brutal auf, einerseits wild asiatisch im Chatschaturjan-Stil, andererseits bewußt salonhaft banal. Der Kontrast zum folgenden Largo könnte kaum größer sein. In ihm begegnet man dem typischen Schostakowitsch der langsamen Sätze: zu Beginn in einem archaischen Gesang des Cellos über stockenden Klavierakkorden, später in einer elegischen “Vokalise” nach Rachmaninoffs Vorbild und einem entrückten hohen Klaviersolo. Der lange Atem dieses Satzes ist von Resignation durchdrungen, was besonders die unaufgelöste Harmonik vermittelt. Daß aller Kampf vergeblich sei, ist eine der zentralen Botschaften Schostakowitschs. Seine ironische Antwort darauf ist der Sarkasmus des Allegro-Finales. Von der verzerrten Anspielung auf Haydn im Thema bis zum leeren Passagenwerk im Stile eines Hummel oder Czerny werden hier klassische Finalklischees bemüht und ad absurdum geführt.

Die Ironie eines solchen Finales konnten die stalinistischen Kunstrichter schon wenig später nicht mehr ertragen. Anfang 1936 erschien in der Prawda der Artikel Chaos statt Musik, durch den Schostakowitsch zum verfehmten Komponisten wurde. Er war gerade mit dem Cellisten Viktor Kubatzki, dem Widmungsträger der Sonate, auf Tournee, als er las, daß man ihm “linke Zügellosigkeit statt einer menschlichen Musik” vorwarf.