Carmen-Fantasie, op. 25 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Pablo de Sarasate

Carmen-Fantasie, op. 25

Konzertfantasie über Bizets Oper Carmen, op. 25

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1640

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

2004
PABLO DE SARASATE
Carmen-Fantasie, op. 25

Pablo de Sarasate gilt als der Inbegriff des mediterranen Geigenvirtuosen im späten 19. Jahrhundert. Der Sohn eines Militärkapellmeisters studierte in Paris und war schon mit 13 ein fertiger Solist. Zeitlebens strahlte er eine gewisse Strenge aus, klassische Grenzen des Stils einhaltend. So verwahrte er sich etwa gegen die damals aufkommende Mode, einen celloähnlichen Ton auf der G-Saite zu produzieren. Auch der englische Dichter George Bernard Shaw, der in den 1890er Jahren in London oft die Gelegenheit hatte, Sarasate zu hören, zeichnete in seinen gefürchteten Musikkritiken das Bild eines klassischen Künstlers: „Was Makellosigkeit anbelangt, ist Sarasate unvergleichlich, ebenso was die akademischen Qualitäten seines Spiels betrifft, besonders jene unendlich lange, vollkommene Note, die er mit einem einzigen delikaten Bogenstrich hervorzubringen weiß. Auch zeigt er sich in seiner stillen und sicheren Beherrschung jeder Art von Passagen als perfekt trainierter Spieler … Sarasate besteht nie auf seinen außerordentlichen Fähigkeiten, er behandelt sie wie eine Selbstverständlichkeit – als Teil der notwendigen Ausstattung eines erstklassigen Arbeiters, als etwas, das nur zählt im klingenden Ergebnis.“ Nur gelegentlicht erlebte Shaw Momente, in denen das spanische Temperament mit dem Virtuosen durchging: „Sarasate ließ bei seinem ersten Konzert Samstag abend alle Kritik hinter sich. Er ließ auch den Klavierbegleiter um etwa einen halben Takt hinter sich, woraus unvorhergesehene Synkopeneffekte resultierten, die mehr kurios als erfreulich waren.“
Ob es seine eigene Carmen-Fantasie war, die Sarasate zum Eilen veranlasste, wissen wir nicht, doch genügend Stoff für virtuoses Davonpreschen hätte sie geboten. Um 1883 komponiert, passt diese Konzertfantasie über die spanischste aller Opern, Bizets Carmen, zu Sarasates Vorliebe für spanische Tänze und Zigeunerweisen. Instinktiv erfasste er den authentischen Reiz von Bizets Melodien, die er in ein Feuerwerk aus inspirierten Passagen und lang ausgesponnenen Melodiebögen verwandelte. Wiederum war es Shaw, der diese Art von Konzertfantasie gegen die Anhänger „seriöser“ Sonaten und Konzerte verteidigte: „Sucht man nach dem Unterschied zwischen den Bruch-Violinkonzerten und den Fantasien, die Sarasate so bewundernswert spielt, und vergleicht man die pure Qualität der Musik, so wird man zu dem Ergebnis kommen, dass man statt der Bruchkonzerte alles spielen könnte – den Karneval von Venedig, ‚Home. sweet home‘ auf der G-Saite oder was immer man will … Komponisten, die kaum Material genug für eine Fantasie haben, dehnen es auf die Länge eines Konzerts aus, bloß damit es auf demselben Bücherregal wie Beethoven oder Mendelssohn zu liegen kommt.“ Sarasates Ehrlichkeit auch im Kompositorischen überzeugte Shaw mehr. (Karl Böhmer)