“Fremde Szene I” für Violine, Violoncello und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 1574
Der Karlsruher WOLFGANG RIHM, Kompositionsprofessor in seiner Heimatstadt, zählt heute zu den bekanntesten deutschen Komponisten. Sein Werdegang ist eng mit dem Stilbegriff der sog. “Neuen Einfachheit” verknüpft – eine nicht unproblematische Bezeichnung, wie Rihms Freund Peter Osswald in einem Essay aufzeigte:
Als Mitte der 70er Jahre der damals erst 22jährige Wolfgang Rihm mit einigen Orchesterstücken einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, begannen sich schon bald nach seinem ersten Auftreten die Reaktionen auf seine Musik zu polarisieren. Rihms theoretisch und praktisch vertretene Forderung nach einem unverstellten und durch keine Systeme gezügelten Ausdruck, sein mit größter Vehemenz vertretenes Postulat, die Musik müsse voller Emotion, die Emotion aber voller Komplexität sein, provozierte bald heftigen Widerspruch. Rihms Ausdrucksbedürfnis war nicht zuletzt ein Reflex jener Tatsache, daß die Frage des musikalischen Ausdrucks lange Zeit mit einem Tabu belegt war, ein blinder Fleck in den musikästhetischen Reflexionen der 50er und 60er Jahre. Daraus erklärt sich zunächst das hartnäckige Mißverständnis, welches Rihms kompositorisches Credo als Rückzug in die Innerlichkeit, als ästhetische Formulierung eines Abgehens von den heroischen Prinzipien der Avantgarde hin zu erfolgversprechenden Konzertsälen interpretierte….
Als 1977 eine Veranstaltung des Westdeutschen Rundfunks unter dem Titel “Neue Einfachheit “ posierte, war ein Schlagwort aus der Taufe gehoben, das heterogenste musikalische Tendenzen der 70er Jahre zusammenfassen sollte und auch Rihm angeheftet wurde. Auch wenn das Schlagwort auf viele Partituren dieser Zeit zutreffen mag, bei Rihm zielt es in entscheidenden Bereichen daneben. (Peter Osswald: Als Chiffre von Freiheit)
FREMDE SZENE I (1982) hat er “den Freunden vom Stuttgarter Klaviertrio Monika Leonhardt, Rainer Kußmaul und Claus Kanngießer” gewidmet. Sie ist die erste einer Gruppe von insgesamt drei Kompositionen diesen Namens, die den Untertitel “Versuche über Klaviertrio” tragen.