“Chiffre IV”
Werkverzeichnisnummer: 1571
Der Karlsruher WOLFGANG RIHM zählt heute zu den bekanntesten deutschen Komponisten. Sein Werdegang ist eng mit dem Stilbegriff der sog. “Neuen Einfachheit” verknüpft – eine nicht unproblematische Bezeichnung, wie Rihms Freund Peter Osswald in einem Essay aufzeigte:
Als 1977 eine Veranstaltung des Westdeutschen Rundfunks unter dem Titel “Neue Einfachheit “ posierte, war ein Schlagwort aus der Taufe gehoben, das heterogenste musikalische Tendenzen der 70er Jahre zusammenfassen sollte und auch Rihm angeheftet wurde. Auch wenn das Schlagwort auf viele Partituren dieser Zeit zutreffen mag, bei Rihm zielt es in entscheidenden Bereichen daneben. (Peter Osswald: Als Chiffre von Freiheit)
Heute, zu Beginn der 90er Jahre, ist die Diskussion über Neue Einfachheit abgeschlossen: Rihm ist als einer der führenden zeitgenössischen Komponisten akzeptiert, die extreme Expressivität seiner Partituren als eine Facette Neuer Musik weithin anerkannt. Einer der Schwerpunkte seines Schaffens in den 80er Jahren war der Zyklus Chiffren, den er 1988 mit Chiffren VIII abschloß. Es handelt sich um acht einsätzige, 5- bis 15minütige Instrumentalwerke in verschiedenen Kammerbesetzungen bis hin zum Orchester. Chiffre IV entstand 1983 als Auftragswerk für die Hamburgische Staatsoper und die Bayerische Vereinsbank, und zwar als Trio für Baßklarinette, Cello und Klavier. Über die Partitur setzte Rihm jedoch die Anweisung: “Die Musiker spielen im Bewußtsein, ein Stück für kleines Orchester zu spielen.”
Zu der Bedeutung des Titels “Chiffren” schrieb der Komponist in einer Einführung folgendes:
In den Kompositionen des Chiffre-Zyklus versuche ich, freie musikalische Zeichen und Gestalten zu setzen.
Die Musik entsteht völlig frei aus der Fantasie-Spannung.
Die Klangschrift schreibt sich selbst im Augenblick ihrer Aufzeichnung.
Nicht: Automatik, sondern: Setzung.
Bewußte Unbewußtheit.
Inschrift.
Körper.