Trio für Oboe und Fagott und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 1491
1. Lent – Presto
2. Andante con moto
3. Rondo
Paris, 1917: Ein junger Komponist von 18 Jahren stellt sich der Öffentlichkeit vor, mit „der ersten Sache aus meiner Feder, die mir ein wenig gefallen hat“, wie er sich später erinnern wird. Name: Francis Poulenc, geboren am 7. Januar 1899 in Paris, 2 Place des Saussaies, ein paar Schritte vom Elysée entfernt. Sein Opus I: ein „Kammergesang“ für Stimme und Ensemble, wie man damals in Deutschland gesagt hätte, im Grunde aber etwas viel respektloseres, Titel: Rhapsodie nègre wegen des pseudo-afrikanischen Gedichts Honoloulou im dritten Satz. Von den Versen des Dichters Makoko Kangourou verstand man natürlich kein Wort, und im Zusammenhang mit den Exotismen der Instrumente mußte sich das wie eine Provokation ausnehmen. Kein Wunder, daß einem Professor vom Pariser Conservatoire der Kragen platzte, als er die Noten in die Hand bekam „Euer Werk ist krank, albern, eine infame Dummheit. Sie machen sich über mich lustig. Mit diesem Honolulu können Sie mich mal. Ach ja, ich sehe schon: Sie marschieren mit Strawinsky, Satie und Companie, schönen Abend!“
Über seine erste Begegnung mit Francis Poulenc schrieb Darius Milhaud, Poulencs späterer Freund und Mitbegründer der „Groupe des Six“, in seinen Erinnerungen: „Ich dachte an jenem Tag an einen Satz, den mir d’Indy über die Entwicklung der Musik gesagt hatte: ‚Die französische Musik wird so werden, wie sie der nächste geniale Komponist haben will.‘ Wird nach all den impressionistischen Nebeln nicht diese simple und klare Kunst [von Poulenc], die so sehr an Scarlatti und Mozart erinnert, die nächste Phase unserer Musik sein?“
Im Bereich der Bläserkammermusik hat sich diese prophetische Äußerung bewahrheitet. Wenn sich die Holzbläsermusik nach dem ersten Weltkrieg in eine neue Richtung entwickelte, hin zu größerer Einfachheit, einer dezenten Klarheit und charaktervollen Bravour, so war dies nicht zuletzt Poulencs Verdienst. Mit seinen wenigen Bläserwerken – dem Trio, dem Sextett und den drei Sonaten für Flöte, Klarinette und Fagott – setzte er Maßstäbe, die bis heute nachwirken. In ihnen reichen sich Romantik und Moderne, Neoklassizismus und französische Tradition die Hand.
Das früheste dieser Werke war das Trio für Oboe, Fagott und Klavier von 1926. Schon die Besetzung war eine Befreiung nach einem Jahrhundert der erdrückender Vorherrschaft von Streicher-Klavier-Kombinationen in der Kammermusik. Ein Klaviertrio mit zwei Holzbläsern war praktisch seit der Klassik nicht mehr geschrieben worden. Mit bewundernswertem Einfallsreichtum hat Poulenc die schwierige Balance zwischen diesen Partnern gewahrt. Seine Quellen formaler Inspiration hat er selbst benannt: „Für jene, die mich in der Form für sorglos halten, lüfte ich ausnahmsweise meine Geheimnisse: Der erste Satz folgt der Anlage eines Allegro von Haydn und das Rondofinale dem Scherzo aus dem 2. Klavierkonzert von Saint-Saëns.“
Der erste Satz läßt auf eine kurze, halb ernste, halb ironische Einleitung, ein Presto folgen, „in dem sich die musikalische Linie wie eine leichte Girlande entfaltet“ (Henri Hell). Das Andante wird vom Klavier eröffnet, zu dessen Gesang sich die Bläser nacheinander hinzugesellen. „Die Melodie, in der Linie rein und schmeichelnd, im Ausdruck melancholisch, ist besonders auf die Oboe zugeschnitten“ (Hell). Im Rondo- Finale ist es das Fagott, das den Charakter einer Persiflage nachdrücklich zur Geltung bringt.
2004
FRANCIS POULENC
Trio für Oboe, Fagott und Klavier
Was Milhaud empfand, als er zum ersten Mal Francis Poulenc begegnete, hat er in seinen Erinnerungen festgehalten: „Ich dachte an jenem Tag an einen Satz, den mir d’Indy über die Entwicklung der Musik gesagt hatte: ‚Die französische Musik wird so werden, wie sie der nächste geniale Komponist haben will.‘ Wird nach all den impressionistischen Nebeln nicht diese simple und klare Kunst [von Poulenc], die so sehr an Scarlatti und Mozart erinnert, die nächste Phase unserer Musik sein?“
In der Bläserkammermusik hat sich diese Prophezeiung bewahrheitet. Wenn sich die Holzbläsermusik nach dem Ersten Weltkrieg in eine neue Richtung entwickelte, hin zu größerer Einfachheit, Klarheit und charaktervoller Bravour, so war dies nicht zuletzt das Verdienst Poulencs. Mit seinen wenigen Bläserwerken – dem Trio, dem Sextett und den drei Sonaten für Flöte, Klarinette und Fagott – setzte er Maßstäbe, die bis heute nachwirken. In ihnen reichen sich Romantik, Neoklassizismus und Moderne die Hand.
Das früheste dieser Werke war das Trio für Oboe, Fagott und Klavier von 1926. Schon die Besetzung war eine Befreiung nach einem Jahrhundert der erdrückenden Vorherrschaft der Streicher in der Kammermusik. Ein Klaviertrio mit zwei Holzbläsern war praktisch seit der Klassik nicht mehr geschrieben worden. Mit bewundernswertem Einfallsreichtum hat Poulenc die schwierige Balance zwischen diesen Partnern gewahrt. Seine Quellen formaler Inspiration hat er selbst benannt: „Für jene, die mich in der Form für sorglos halten, lüfte ich ausnahmsweise meine Geheimnisse: Der erste Satz folgt der Anlage eines Allegro von Haydn und das Rondofinale dem Scherzo aus dem 2. Klavierkonzert von Saint-Saëns.“
Der erste Satz lässt auf eine kurze, halb ernste, halb ironische Einleitung, ein Presto folgen, in dem sich „die musikalische Linie wie eine leichte Girlande entfaltet“ (Henri Hell). Das Andante wird vom Klavier eröffnet, zu dessen Gesang sich die Bläser nacheinander hinzugesellen. „Die Melodie, in der Linie rein und schmeichelnd, im Ausdruck melancholisch, ist besonders auf die Oboe zugeschnitten“ (Hell). Im Rondo-Finale ist es das Fagott, das den Charakter einer Persiflage nachdrücklich zur Geltung bringt. „Der wahre Spaßvogel der Sechs war Poulenc; seine Lausbubenstreiche waren bekannt in den Pariser Künstlerkreisen nach dem Ersten Weltkrieg, als man Humor dringend nötig hatte.“ (Herbert Glass)