Sonate für Oboe und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 1488
1. Elégie. Paisiblement
2. Scherzo. Très animé
3. Déploration. Très calme
2018
Den Komponisten Francis Poulenc kannte man in Deutschland lange Zeit nur in einem einzigen Zusammenhang: als Mitglied der Groupe des Six. Diese junge Komponistenclique mischte im Paris der Zwanziger Jahre den Kulturbetrieb kräftig auf und verkündete eine Ästhetik der „musikalischen Prosa“ anstelle der ewigen „Poesie“ des Impressionismus. Germaine Tailleferre war die einzige Frau unter den „Sechs“. Fünf Männer ergänzten die Runde auf je eigene und eigenwillige Weise: die geborenen Pariser Poulenc und Louis Durey, die Südfranzosen Darius Milhaud aus Marseilles und Georges Auric aus dem Languedoc sowie der Schweizer Arthur Honegger.
Poulenc galt unter den „Sechs“ als der Clown – wegen seiner Vorliebe für Zirkus und Jahrmärkte -, aber auch als der Romantiker wegen seiner weichen Harmonien und der unendlich schönen Melodien seiner langsamen Sätze. Zugleich war er ein tief gläubiger Katholik, was in seiner großartigen Kirchenmusik zum Ausdruck kommt, man denke nur an sein Gloria oder an das Orgelkonzert. Daneben gilt er als einer der größten Meister der „Mélodie“, des französischen Kunstliedes, und er hat mit seiner Oper Dialogue des Carmélites eines der wenigen Repertoirestücke des zeitgenössischen Musiktheaters geschaffen, das auch in Deutschland regelmäßig auf den Spielplänen steht. Vor allem durch dieses Werk ist Poulenc allmählich aus dem Schatten seiner Kollegen herausgetreten.
In der Bläserkammermusik ist dies schon viel früher geschehen, denn den Flötisten, Oboisten und Klarinettisten hat Poulenc je eine wunderschöne Sonate für ihr Instrument geschenkt – wobei die Frage, ob der langsame Satz der Flöten oder das Gegenstück in der Klarinettensonate schöner sei, unter Kennern stets eifrig diskutiert wird. Die Oboensonate wird dabei leicht unterschätzt. Sie gehörte zu Poulencs letzten Werken, geschrieben im letzten Sommer seines Lebens 1962 und dem Andenken an Sergei Prokofjew gewidmet.
Zum Aufbau schrieb der Komponist eine ganz schlichte Zusammenfassung: „Ich habe die Elemente für eine Oboensonate gefunden: Der erste Satz ist elegisch, der zweite scherzando und der letzte eine Art liturgischer Gesang.“
Die Sonate erlebte ihre Uraufführung erst nach dem Tod des Komponisten, am 8. Juni 1963 bei den Salzburger Festspielen. Der Oboist Pierre Pierlot spielte mit dem Pianisten Jacques Février.