Violinsonate | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Béla Bartók

Violinsonate

Sonate Nr. 2 für Violine und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 148

Satzbezeichnungen

1. Molto moderato

2. Allegretto

Erläuterungen

Mit der Aufführung seiner 2. Violinsonate wird im Rahmen dieses Programms des 50. Todestages von Béla Bartók gedacht, der am 26. September 1945 in New York starb, auch er – ähnlich wie Schulhoff – ein Opfer des Nazi-Terrors, vor dem er 1940 freiwillig in die Emigration ging („ins Ungewisse aus dem gewußt Unerträglichen“, wie er sagte). Seine 2. Violinsonate schrieb er 1922, ein Jahr nach der ersten, und widmete sie wie diese der ungarischen Geigerin Jelly d’Arányi. „Sie hat nur zwei Sätze, die thematisch miteinander zusammenhängen; der erste fast introduktionsmäßig, lose, dreiteilig, völlig ungebunden, der zweite ein tanzartiges Stück, sehr ausgedehnt in seinen Dimensionen. Dies Rondo ist bis zum Quodlibethaften entfesselt, oftmals reiht Lied sich an Lied, aber der nachhaltige Bewegungsantrieb kettet alles Einzelne erstaunlich; die schwebende Architektonik wird durch wiederholtes Zitat des Grundmotivs der Introduktion gut gegeliedert. Bartók neigt mutig sich ins Archaische, meidet nicht das Fragment, spitzt den Klang mit gehäuften Sekundreibungen zur wunderlichen Sprödigkeit; aber die Musik komponiert weiter für ihn, ohne daß er etwas dazutun müßte; jeder rest schlechter Kovention ist abgefallen, er ist ganz offenbar geworden…“ (Theodor W. Adorno, 1925).

2001:
Auch Béla Bartóks zwei Violinsonaten von 1921/22 sind Musik für Könner, nicht für Liebhaber des Metiers. Der Mäzen und Kammermusikliebhaber Walter Wilson Cobbett nannte sie „ungarische Festungen des Klangs“, die nicht für Kammermusikliebhaber, sondern nur für Violinvirtuosen einnehmbar seien, und zwar auch nur für solche, „die ihre Ohren an die Klänge bodenständiger ungarischer Volkslieder gewöhnt haben“.

Es war eine Schülerin des Geigers Jenö Hubay, mit dem Brahms 1888 in Budapest seine d-Moll-Sonate uraufgeführt hatte (siehe unten), für die Bartók seine beiden Sonaten schrieb: Jelly d’Arányi. Komponist und Geigern waren alte Studienkollegen und trafen sich 1921 in Budapest wieder, woraus die Idee zur ersten Violinsonate entstand. Die zweite folgte bereits im Sommer 1922. Während die Uraufführungen der beiden Sonaten von anderen Geigern bestritten wurden, spielte Bartók mit der Widmungsträgerin die Pariser und Londoner Erstaufführungen.

Unter dem unmittelbaren Höreindruck der Londoner Premiere beschrieb ein englischer Ohrenzeuge 1929 die Sonaten in bezeichnender Weise. Edwin Evans meinte, ihr Stil sei „purer Expressionismus“ und es sei „keine Frage des Verständnisses, sondern des Gefühls“, ob man diesen Stil akzeptieren könne. „Der eine versteht das Werk, der andere nicht. Jene, deren Sinne für diese Musik bereit sind, finden darin Tiefe des Gefühls im Wechsel mit elementarer Einfachheit. Sie ist zugleich der Natur nahe und in einem seltsam fernen Idiom geschrieben.“

Theodor W. Adorno hat beide Sonaten schon 1925 als Inbegriff von Bartóks Stil gepriesen. Zur zweiten Sonate schrieb er: „Sie hat nur zwei Sätze, die thematisch miteinander zusammenhängen: der erste fast introduktionsmäßig, lose, dreiteilig, völlig ungebunden, der zweite ein tanzartiges Stück, sehr ausgedehnt in seinen Dimensionen. Dies Rondo ist bis zum Quodlibethaften entfesselt, oftmals reiht sich Lied an Lied, aber der nachfolgende Bewegungsantrieb kettet alles Einzelne erstaunlich: die schwebende Architektonik wird durch wiederholtes Zitat des Grundmotivs der lntroduktion gut gegliedert.“ Auch dem Klang hat Adorno ein charakteristisches Aperçu gewidmet: „Bartók neigt sich mutig ins Anarchische, meidet nicht das Fragment, spitzt den Klang mit gehäuften Sekundreibungen zur wunderlichen Sprödigkeit.“
Ungarische Bartók-Forscher hoben natürlich die Parallelen zur ungarischen Volksmusik hervor. Die zwei Sätze der Sonate, die ohne Pause ineinander übergehen, erinnern an die zwei Teile einer ungarischen Rhapsodie (Lassù-Friss), wobei das einleitende Mottothema, eine rumänische Hora, auch zum Rondothema des schnellen Teils wird.