Trio B-Dur für Klavier, Violine und Violoncello, KV 502
Werkverzeichnisnummer: 1404
1. Allegro
2. Larghetto
3. Allegretto
Mozarts erstes Klaviertrio lag schon zehn Jahre zurück, als er sich im Sommer 1786, nach der Uraufführung der Hochzeit des Figaro, der Gattung wieder zuwandte. Die mit ihm befreundeten Wiener Verleger Hoffmeister und Artaria waren dankbare Abnehmer für jede Art von “begleiteter Klaviermusik”, wie man damals das Genre nannte. In der Vorstellung der Zeitgenossen war das Klavier im Trio das Hauptinstrument, die Streicherstimmen lediglich ein “Accompagnement”. Natürlich sind die Gewichte in Mozarts Trios gleichmäßiger verteilt, wenn auch an manchen Stellen der Applomb des Klavierparts durchaus noch auf die alte Dominanz hinweist, wie etwa im ersten Satz des B-Dur-Trios.
Mozart schrieb seine sechs Wiener Klaviertrios in relativ dichter Folge in zwei Dreiergruppen, deren erste im Sommer 1786, die zweite im Sommer 1788 entstand. Sie waren wohl für seinen Wiener Freundeskreis bestimmt, wo solche Werke fürs gesellige Musizieren besonders gefragt waren. Konkrete Hinweise deuten auf die Familie von Jacquin und auf Mozarts Logenbruder Puchberg hin, bei denen er häufig Klaviertrios spielte.
Das B-Dur-Trio, KV 502, gilt als Höhepunkt der Dreiergruppe von 1786 wie das E-Dur-Trio, KV 542, als Höhepunkt der Gruppe von 1788. Beide Werke sind mit Sinfonien verknüpft, die unmittelbar danach entstanden: das B-Dur-Trio mit der Prager Sinfonie, KV 504, das E-Dur-Trio mit der großen Es-Dur-Sinfonie, KV 543. Die beiden Trios nehmen die Eigenarten der Sinfonien im kammermusikalischen Rahmen vorweg. So ist das B-Dur-Trio in den Ecksätzen von ähnlicher thematisch-kontrapunktischer Arbeit durchdrungen wie die Prager Sinfonie. Die Themen weisen die gleiche subtile Chromatik und ähnliche Molleintrübungen auf wie jene des Orchesterwerks. An einer Stelle des Kopfsatzes klingt das Andante der Prager Sinfonie sogar deutlich erkennbar an. Die Verwandtschaft im Tonfall ist auch melodisch zu greifen.Das Hauptthema des ersten Satzes gehört zu den einprägsamsten Klavierthemen Mozarts, ein Spiel mit chromatischen Vorhalten und Appoggiaturen, an dem die Streicher mit einem kessen Einwurf beteiligt sind. Beide Bausteine, das Dreitonmotiv des Klaviers aus dem ersten Takt und der Streichereinwurf, werden abgespalten und im Laufe des Satzes immer wieder als motivische Klammern benutzt. Wesentlich für die Wirkung des Satzes sind im übrigen die Neben- und Übergangsthemen mit ihren Dur-Moll-Wechseln. Daraus entsteht ein ständiges Spiel mit Licht und Schatten, in das sich zu Beginn der Durchführung überraschend ein völlig neues Thema einmischt, ein lyrischer Ruhepunkt in der unruhigen Agogik des Satzes.
In seinem untrüglichen Sinn für dramatische Kontraste ließ Mozart auf diesen nervös bewegten Kopfsatz ein Larghetto von himmlischer Ruhe und wunderbarer Weite der Melodik folgen. Das Intervall der großen Sexte ist selten schöner beleuchtet worden als im Thema dieses Satzes. Mozart hat hier im übrigen der Kunst der Verzierung im 18. Jahrhundert ein kleines Denkmal gesetzt, indem er schnelle Läufe, Vorschläge, Appoggiaturen und Schleifer verschwenderisch über das Thema ausstreute. Formal ist der Satz ebenso einfach gebaut wie wirkungsvoll auf Steigerung angelegt. Das Es-Dur-Thema mit der großen Sext wird drei Mal vorgestellt, zuerst vom Klavier, beantwortet von den Streichern, dann in der Violine mit Akkordbrechungen des Klaviers, schließlich im Tuttiklang aller drei Instrumente in opulenter Klangschönheit. Zwischen diese drei Variationen sind zwei Episoden in B und As eingeschaltet.
Das Finale ist eines jener hintergründigen Rondos im Allegretto-Tempo, die in Mozarts Kammermusik der Jahre 1785 bis 1787 allenthalben begegnen (etwa in den beiden Klavierquartetten oder im Kegelstatt-Trio). Aus einem scheinbar belanglosen Thema entwickelt sich durch Motivabspaltung und harmonische Kunst ein langer, dramatisch gestaffelter Satz. In seinen Seitenthema kann man wie in den Themen des Kopfsatzes Mozarts Chiaroscuro bewundern, jenes Helldunkel der Harmonik, das auch in der Prager Sinfonie, im Don Giovanni und in den Konzertarien jener Monate begegnet, ein Changieren im Schwebezustand zwischen Dur und Moll. Daneben ist der Satz ein hintergründiges Spiel mit dem kurzen Vorschlag und mit der großen Sext, was eine Brücke zum Larghetto baut.