Sinfonia concertante Es-Dur, KV 364 (320 d) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Sinfonia concertante Es-Dur, KV 364 (320 d)

Sinfonia concertante Es-Dur für Violine, Viola und Orchester, KV 364 (320 d)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1395

Satzbezeichnungen

1. Allegro maestoso

2. Andante

3. Presto

Erläuterungen

Als SINFONIA CONCERTANTE bezeichnet man ein Stück, das in der Mitte zwischen Sinfonie und Solokonzert angesiedelt ist und am ehesten mit dem barocken Concerto grosso verglichen werden kann. Auch Mozart bezeichnete sein erstes Werk dieser Gattung für 2 Violinen und Orchester als Concertone, also großes Konzert. Erst unter dem Eindruck seiner großen Reise nach Mannheim und Paris 1777-79 ging er zu der Bezeichnung Sinfonia concertante über, die gerade in diesen beiden Musikzentren eine der Hauptgattungen der Instrumentalmusik war. In Mannheim hing dies vor allem mit den hervorragenden Solisten des berühmten Orchesters zusammen, in Paris mit der Vorliebe für solistische Darbietungen reisender Virtuosen. Für beides war die Sinfonia concertante mit ihrem Kontrast zwischen sinfonischem Tutti und mehreren, auch untereinander konzertierenden Solisten ein ideales Medium.
Mozart spürte dies sofort, als er 1777 nach Mannheim kam und entwarf dort 1778 ein Konzert für Klavier, Violine und Orchester, KV 315f, im Stile der Sinfonia concertante. Es blieb jedoch ebenso unvollendet wie die für Paris geplante Concertante für vier Bläser und Orchester – das heute beliebte Werk in dieser Besetzung KV 297b ist wohl nur zum geringsten Teil von Mozart. Erst als dieser die großen Enttäuschungen der Reise hinter sich gelassen und wieder nach Salzburg zurückgekehrt war, wandte er sich erneut der Gattung zu. Nach einem dritten nicht ausgeführten Anlauf für Streichtrio und Orchester, KV 320e, entstand endlich im Sommer oder Frühherbst 1779 die Es-Dur Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester.
Die Kombination dieser beiden Soloinstrumene war in Salzburg offenbar besonders beliebt, wie die vier Duos von Michael Haydn für Geige und Bratsche belegen, die Mozart durch seine eigenen beiden freundschaftlich komplettierte. Eine Besonderheit der Bratsche in KV 364 ist die Skordatur, d. h. Umstimmung der Saiten, die einen Halbton höher gestimmt werden sollen, wahrscheinlich, um dem Ton im Vergleich zur Violine und zum Orchester mehr Glanz zu verleihen. Zu den vielen Schönheiten des Werkes gehört andererseits gerade die Art, wie Mozart im Orchester auf die unterschiedlichen Soloinstrumente eingeht: bei gleichen Melodien wird die Bratsche von tiefen Streichern begleitet, die Violine von hohen ohne Baß. So wie sich die Soloinstrumente abwechseln, gibt es auch zwischen den Violinen und geteilten Bratschen des Orchesters einen subtilen Dialog, der sich zwischen den Bläserpaaren fortsetzt. Dies war Mozarts besonders feinsinnige Interpretation des Begriffs Sinfonia concertante.
Der Charakter des Werkes ist durch den besonderen, majestätischen Gehalt der Tonart Es-Dur bei Mozart bestimmt. Wie in vielenseiner Es-Dur-Werke – Sinfonie KV 184, Serenade KV 375, Klavierkonzert KV 482 – beginnt der erste Satz mit Akkordschlägen im punktierten Rhythmus, um anschließend in Wellenbewegungen die Grundtonart mit Subdominante und Dominante zu umschreiben. Beide Elemente bereiten den Boden für den Einstieg der Solisten, die nach harmonischem Pendeln des Orchesters wie aus dem Nichts mit einem Es in Oktaven und einer herrlichen Kantilene eintreten. Die Aklordschläge geben dann den Impuls zum Weitermachen in vielfältigem Konzertieren, aber auch mit sehr individuellenCantabile-Momenten wie zu Beginn der Durchführung. Die fast nahtlose Verschmelzung der Solopartien erreicht ihren Höhepunkt in der Kadenz, die Mozart deshalb ausschreiben mußte, weil zwei Solisten schwerlich übereinstimmend improvisieren können.
Wie in den Es-Dur-Klavierkonzerten KV 271 und 482 steht in der Mitte ein tiefgründiges Andante in c-Moll, das den feierlichen Ernst gluckscher Opernarien nachahmt. Tatsächlich dialogisieren die Soloinstrumente wie Singstimmen in einem idealen Duett, häufig sogar an der Grenze zum Rezitativ, zum Sprechgesang. Die eigenartige Schwermut dieses Satzes, besonders seines Orchesternachspiels kann man schwer in Worte fassen. Das Rondofinale mit seinem langsam aufsteigenden Thema im Piano führt deshalb umso behutsamer in eine aktive, lebensfreudige Stimmung zurück und läßt ihr erst gegen Ende seiner beiden Abschnitte in unbändigen Triolenpassagen freien Lauf.