Streichquintett B-Dur, KV 174 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Streichquintett B-Dur, KV 174

Quintett B-Dur für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello, KV 174

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1381

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Adagio

3. Menuetto ma allegro

4. Allegro

Erläuterungen

Quintett B-Dur, KV 174

Sein erstes Streichquintett in B, KV 174, komponierte er im Frühjahr 1773 in Salzburg. Sein böhmisch-italienischer Mentor Josef Myslivecek und der Salzburger Hoforganist Michael Haydn waren ihm in der Besetzung mit zwei Geigen, zwei Bratschen und Cello voran gegangen. Mozarts Erstling in dieser Besetzung entstand im gleichen Jahr wie die „kleine g-Moll-Sinfonie“, KV 183, und das erste Violinkonzert, KV 207, und kann als deren Gegenstück in der Kammermusik bezeichnet werden. Noch 1777, als er sich auf den Weg zur großen Mannheim-Paris-Reise machte, packte Mozart dieses Quintett in den Koffer, da er es als sein bis dato bestes Kammermusikwerk ansah – zu Recht. Denn seine Vorbilder ließ er schon hier weit hinter sich. Während Michael Haydn seine Quintette noch genrehaft „Notturni“ nannte, sprach Mozart schon selbstbewusst von einem „Quintetto“. Diesen Anspruch lösen besonders die ersten beiden Sätze ein. Sie lassen die entsprechenden Sätze in den frühen Streichquartetten Mozarts an Ausdehnung und Gewicht weit hinter sich. Auch an Menuett und Finale hat Mozart länger gefeilt als bei ihm üblich: Nach der vorläufigen Vollendung des Quintetts im März 1773 unterzog er beide Sätze im folgenden Dezember einer umfangreichen Umarbeitung. Dabei tauschte er das Trio des Menuetts aus und erweiterte das anfangs schlichte Finale um mehrere neue thematische Ansätze. Indem er es zugleich satztechnisch und harmonisch vertiefte, schuf er seinen bis dahin anspruchsvollsten Finalsatz in der Kammermusik.

Das eröffnende Allegro moderato im Alla breve-Talt lässt noch die Fülle der 1772/73 in Italien gesammelten Eindrücke nachklingen. Eine gleichsam überschäumende, von der Opera seria inspirierte Kantabilität wechselt mit konzertantem Elan ab, unterbrochen von ungewöhnlichen chromatischen Einschüben. Neben dem weitgespannten Hauptthema finden sich insgesamt fünf weitere Themen, die in ihrem Stil an die Arien der Mailänder Opera seria Lucio Silla erinnern, die Mozart im Karneval 1773 mit großem Erfolg vorgestellt hatte. So wie dort die virtuosen Koloraturen auf Primadonna und „Primo Uomo“, den ersten Kastraten, verteilt waren, so prägt hier der konzertierende Schlagabtausch zwischen erster Geige und erster Bratsche das Geschehen. Die Möglichkeiten zum Dialog, die sich in der Quintettbesetzung bieten, hat schon der jugendliche Mozart auf geniale Weise ausgenutzt.

Auch das Adagio wird von diesem Dialog beherrscht. Über einem Basso ostinato der Unterstimmen, einem in gleichmäßigen Achteln dahin ziehenden Dreiklangsmotiv, entfalten sich Melodiebögen von belcantistischem Zauber. Auch Tonart und Tonfall dieses Satzes hat Mozart aus der Welt der Opera seria entlehnt. Es ist das pathetische Es-Dur der Cavatinen und schmerzlich-süßen Abschiedsarien, das hier anklingt. Dazu passen auch die Dämpfer, die von den Geigern und Bratschisten auf ihre Saiten gesetzt werden. Dadurch wirkt der Klang verschattet, wie unwirklich – wie in einer „Ombraszene“ der Opera seria, in der die Primadonna den Schatten („l’ombra“) ihres vermeintlich hingerichteten Geliebten vor sich sieht. Seltsamerweise hat Mozart auf dem Cello keine Dämpfer verlangt – vielleicht, weil es 1773 in Salzburg für dieses Instrument noch keinen Sordino gab!

Das Menuetto trägt den Zusatz „ma allegretto“, eine Warnung vor zu gemächlichem Tempo. Im Trio spielen konsequent zweite Geige und Bratsche das Echo zu den Melodien der ersten Stimmen. Im Finale gelang Mozart nach der intensiven Umarbeitung zum ersten Mal jene Synthese aus Tanzrhythmus, Kontrapunkt und Konzertieren, die auch seine reifen Wiener Finalsätze prägen sollte.