Konzert A-Dur für Klarinette und Orchester, KV 622
Werkverzeichnisnummer: 1353
1. Allegro
2. Adagio
3. Rondo. Allegro
„Ein Konzert für die Clarinette, für Herrn Stadler den Älteren“. So lautet Mozarts autographer Eintrag in seinem Werkkatalog, mit dem er zwischen Ende September und Mitte November 1791 die Vollendung seines Klarinettenkonzerts anzeigte. Als er dieses Epoche machende Werk schrieb, war das Genre schon nicht mehr ganz jung. „Kleinmeister“ der Klassik wie der Münchner Joseph Michl oder der Mannheimer Carl Stamitz hatten bereits dankbare Klarinettenkonzerte geschaffen, und auch in konzertierenden Arien war die Klarinette seit 1775 viel beschäftigt. Mozart begann die Arbeit an seinem Konzert jedoch unter zwei besonderen Voraussetzungen: Er schrieb es für Anton Stadler, jenen Wiener Klarinettisten, der durch seinen weichen Ton und seine unendlichen Schattierungen dem Instrument gewissermaßen erst seine Seele geschenkt hatte, und er komponierte es für eine tiefe Klarinette. In den Anfangsjahren der solistischen Klarinettenliteratur dominierten die hohen Töne im Diskant, Mozart schöpfte dagegen den ganzen Ambitus des Instruments aus und bevorzugte die sonore Alt- und Tenorlage. Man muss nur an die ebenfalls für Stadler komponierten Soli für Klarinette und Bassetthorn in der „Clemenza di Tito“ denken, um zu erkennen, wie sehr Mozart die Klarinette in eine idealisierte Singstimme, in einen wunderbar satten „Mezzosopran“ verwandelt hat.
Vom ersten Satz des Klarinettenkonzerts hat sich ein Entwurf in G-Dur für Bassetthorn und Orchester erhalten. Mozart begann das Stück offenbar bereits 1789 für jene in Augsburg erfundene tiefe Klarinette in G oder F, deren Wirkungen er mit seinem Hausfreund Stadler an etlichen Abenden gemeinsamen Musizierens in Wien hatte erprobieren können. Aus einem nicht mehr zu rekonstruierenden Grund jedoch entschieden sich Mozart und Stadler später für eine Neufassung in A-Dur für die A-Klarinette, allerdings für eine solche mit zusätzlichen tiefen Tönen, eine sogenannte „Bassettklarinette“. Stadler wollte das Mozartsche Konzert offenbar dazu nutzen, dieses brandneue, von ihm bevorzugte Instrument in Wien zu propagieren und die Sensation der tiefen Töne weidlich auszukosten. Mit seinem „Ribislgesicht“ (hochdeutsch: Johannisbeergesicht, so Mozarts Spitzname für den Freund) trat Stadler in den Konzertsaal und spielte in einer Wiener Akademie im Frühjahr 1791 das neue Konzert und das besondere Instrument, „seine“ Bassettklarinette.
Mozarts Autograph des Konzerts ist verloren gegangen, angeblich in einem Notenkoffer, den Stadler auf Reisen hatte stehen lassen und in dem sich auch das Autograph von Mozarts Klarinettenquintett befand. Gedruckt wurde das Konzert dann zuerst für die „normale“ A-Klarinette, wobei es selbst in dieser bereinigten Fassung Jahrzehnte dauerte, bis es sich im Konzertsaal durchsetzte. Noch um 1830 fanden sich in „einer mittleren Stadt leichter 20 gute Flötisten als ein anständiger Klarinettist“ – so lamentierte die „Allgemeine Musikalische Zeitung“ anlässlich einer Bearbeitung des Konzerts für Flöte in G-Dur.
Über die Schönheit des Konzerts sich zu verbreiten, ist müßig. Die Synthese aus Cantabile, „ausdrückendem“ Passagenwerk und „sprechenden“ Themen in der Solostimme ist so vollkommen, der Dialog mit dem Orchester so subtil, der Stil des späten Mozart so ausgeprägt, dass sich eine Beschreibung erübrigt. Man wäre gerne dabei gewesen, als Anton Stadler das wundervolle Hauptthema des ersten Satzes vom Orchester übernahm, als er mit seiner Bassettklarinette den Bass unter den Orchestergeigen spielte, als er im Passagenwerk des Kopfsatzes brillierte oder sich im zweiten Thema kontrapunktisch in die Streicher einfügte. Besonders interessant wäre seine Version des berühmten Adagio gewesen, wegen der Verzierungen, die er zweifellos in dem Thema anbrachte. Und man hätte gerne Mozart beobachtet, während sein Freund das Papagenohafte Rondothema des Finales anstimmte.