Divertimento à 3 B-Dur für Klavier, Violine und Violoncello, KV 254
Werkverzeichnisnummer: 1326
1. Allegro assai
2. Adagio
3. Rondo. Tempo di Menuetto
Trio für die Schwester
Mozarts fünf Jahre ältere Schwester Maria Anna Walburga Ignatia, kurz „Nannerl“ genannt, spielte in den zahllosen Mozart-Berichten und -Analysen dieses Jahres eines vergleichsweise geringe Rolle. Sie war eine gleichermaßen begabte wie disziplinierte Künstlerin auf dem Tasteninstrument, unumstritten die beste Pianistin im Salzburg ihrer Zeit und eine gesuchte Clavierlehrerin.
Den Tastenkünsten seiner Schwester zollte Wolfgang unumwunden seinen Respekt. Seit Kindertagen war die fünf Jahre Ältere seine Duopartnerin am Clavier und seine engste künstlerische Vertraute. In den „Wunderkind“-Jahren 1763 bis 1766 hatten die Geschwister so manche Strapazen in europäischen Konzertsälen zu bestehen. Das schuf eine Anhänglichkeit, die erst von Mozarts Frau Constanze in den Hintergrund gedrängt wurde. Bis in die mittleren Wiener Jahre hinein schickte Mozart seiner Schwester stets seine neuesten „Claviersachen“ und Klavierkonzerte, wartete gespannt auf ihr Urteil, gab Empfehlungen für den Vortrag seiner Werke und auch solche für die Werke befreundeter Komponisten. Stets blickt die Hochachtung für Nannerl durch, an der Vater wie Bruder die virtuose Pianistin schätzten.
Auch Besucher von außerhalb gerieten ins Staunen, wenn ihnen Maria Anna Werke ihres Bruders vortrug. Im Januar 1778 erhielt man Besuch aus Wallerstein: Zwei Hofmusiker des musikliebenden Fürsten Kraft Ernst suchten das Tanzmeisterhaus am Salzburger Hannibalplatz auf, um dort Werke von Wolfgang, von seiner Schwester gespielt, zu hören. Darunter war auch das B-Dur-Divertimento, KV 254, wie Leopold Mozart seinem Sohn nach Mannheim berichtete:
„Die 2 Herren von Wallerstein wollten absolute die Nannerl spielen hören … Sie spielte Deine Sonate von Manheim recht treflich mit aller Expression. Sie waren über ihr Spielen und über die Composition sehr verwundert, sagten, sie hätten niemals etwas von dir gehört, Sie sagten es wären lauter neue und besondere Gedanken … Sie accompagnierten dann der Nannerl dein Trio fürs Clavier ex B und recht recht vortreflich.“ Der Brief zeigt, wie sehr Klaviertrios damals noch Musik zum geselligen Vom-Blatt-Spielen waren. Die Pianisten, in den vornehmen Haushalten schon damals meist die höheren Töchter, hatten ihren Part geübt und spielten ihn „mit aller Expression“. Die Streicher dagegen musizierten „prima vista“, denn im Verständnis der Zeit waren sie lediglich die Begleiter im Trio.
Auch bei Mozart veränderte sich diese traditionelle Rollenverteilung erst in den späten Wiener Klaviertrios, wie man besonders schön am E-Dur-Trio unseres Programms hören kann. Das frühe B-Dur-Trio, im August 1776 vollendet, ist dagegen noch ganz „Klaviersonate mit begleitenden Streichern“.
Im Allegro-Kopfsatz fallen alle Themen dem Klavier zu, die Streicher sekundieren mit Dreiklangsbrechungen, Terzparallelen, ausgehaltenen Tönen oder anderen klangfüllenden Noten. Ein Konzertieren der Stimmen wird nur angedeutet.
Im Adagio dagegen ließ es sich Mozart nicht nehmen, das wunderbare Es-Dur-Thema zuerst der Geige anzuvertrauen – zu rauschenden Arpeggi des Klaviers. Schließlich war er damals noch Konzertmeister der Salzburger Hofkapelle, also im Dienst primär Geiger. Entsprechend delikat ist das Wechselspiel zwischen Geige und rechter Hand des Klaviers.
Dies setzt sich im Rondeau fort, einem Tempo di Menuetto, das dem altehrwürdigen Hoftanz jede Steifheit nimmt. Menuette liebten beide Geschwister Mozart besonders. Von seinen Italienreisen schickte Wolfgang der Schwester so manches Menuett nachhause – zum Spielen am Klavier und zum Tanzen.