"Dover Beach", op. 3 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Samuel Barber

"Dover Beach", op. 3

„Dover Beach“ for Medium Voice and String Quartet, op. 3
Text: Matthew Arnold

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 131

Satzbezeichnungen

The sea is calm tonight. Andante, un poco mosso

Erläuterungen

Der neben Copland und Bernstein populärste Klassiker der USA konnte diese Position im amerikanischen Musikleben schon früh erringen. Angefangen von seinen ersten Kompositionsversuchen am Curtis-Institute fand der aus Pennsylvania stammende Barber begeisterte Zustimmung. Als 18jähriger erhielt er den Bearns Prize der Columbia University, später u. a. zweimal den Pulitzer Prize. Dabei hatte Barber ursprünglich eine Karriere als Bariton angestrebt, was für seinen Stil Folgen hatte: „Elemente des Barber-Stils, die während seiner Studienjahre aufkamen – die langen, lyrischen Linien, die glückliche Textdeklamation und der gekonnte Einsatz instrumentaler Timbres und Techniken – wurden später nicht mehr radikal verändert“ (R. Jackson). Ein Musterbeispiel für diese früh entwickelte Durchdringung von Vokal- und Instrumentalsatz ist die Gedichtvertonung Dover Beach von 1931. Das Werk des 21jährigen beruht auf einem Gedicht des viktorianischen Dichters Matthew Arnold (1822-1888). In seiner Verbindung aus Naturbildern und Reflektion des Lebens traf es den Nerv von Barbers eigener Kunstanschauung, die sich stets zu ganz subjektivem Gefühlsausdruck in der Musik bekannte.The sea is calm tonight,
The tide is full, the moon lies fair
Upon the straits; on the French coast the light
Gleams and is gone; the cliffs of England stand,
Glimm’ring and vast, out in the tranquil bay.
Come to the window, sweet is the night-air!
Only, from the long line of spray
Where the sea meets the moon-blanch’d land,
Listen! you hear the grating roar
Of pebbles which the waves draw back, and fling,
At their return, up the high strand,
Begin, and cease, and then again begin,
With tremolous cadence slow, and bring
The eternal note of sadness in.

Sophocles long ago
Heard it on the Aegean, and it brought
Into his mind the turbid ebb and flow
Of human misery; we
Find also in the sound a thought,
Hearing it by this distant northern sea.

The sea of faith
Was once, too, at the full, and round earth’s shore
Lay like the folds of a bright girdle furled.
But now I only hear
Its melancholy, long, withdrawing roar
Retreating to the breath
Of the night-wind, down the vast edges drear
And naked shingles of the world.

Ah, love, let us be true
To one another! for the world, which seems
To lie before us like a land of dreams,
So various, so beautiful, so new,
Hath really neither joy, nor love, nor light,
Nor certitude, nor peace, nor help for pain;
And we are here as on a darkling plain
Swept with confused alarms of struggle and flight,
Where ignorant armies clash by night.
Die See ist ruhig heut‘ nacht,
Die Flut ist voll, der Mond liegt schön
Auf der Straße von Dover; an der französischen Küste
Glimmt das Licht auf und verschwindet; Englands Klippen stehen
Schimmernd und weit hinaus in die stille Bucht.
Komm ans Fenster, süß ist die Nachtluft!
Nur an der langen Linie der Gischt,
Wo die See aufs mondgebleichte Land trifft,
hör doch! nur dort hörst Du das knirschende Tosen
Der Kieselsteine, die die Wellen mit sich ziehen und,
Wenn sie zurückkehren, weit den Strand hinauf schleudern,
Beginnen, aufhören, wieder beginnen,
Mit bebender, langsamer Melodie, und
Die ewige Note der Traurigkeit hereinbringen.

Sophokles hörte sie vor langer Zeit
In der Aegeis, und sie rief ihm
Ins Gedächtnis die wilde Ebb‘ und Flut
Des Menschenleids; wir
Finden in dem Klang auch einen Gedanken,
Wenn wir ihn an dieser fernen, nördlichen See hören.

Die See des Glaubens
War einst auch am Ufer der vollen, runden Erde
Lag wie die Falten eines aufgerollten breiten Gürtels,
Doch jetzt höre ich nur noch
Ihr melancholisches, langes, sich zurückziehendes Ächzen,
Wie es in den Atem
Des Nachtwindes zurückkehrt, die wüsten Enden und
Eintönigen, nackten Schindeln der Welt hinab.

Ach, Liebste, laß uns einander
Treu sein! denn die Welt, die wie ein
Traumland vor uns zu liegen scheint,
So vielfältig, so schön, so neu,
Hat in Wahrheit weder Freude noch Liebe noch Licht
Noch Sicherheit noch Frieden noch Hilfe für Leiden;
Und wir sind hier wie auf einer Ebene,
Überflutet von verwirrten Alarmsignalen für Kampf und Flucht,
Wo unwissende Armeen aufeinandertreffen in der Nacht.