Klaviertrio d-Moll | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Bohuslav Martinu

Klaviertrio d-Moll

Trio d-Moll für Klavier, Violine und Violoncello

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1214

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Andante

3. Allegro

Erläuterungen

2002
BOHUSLAV MARTINU
Klaviertrio Nr. 2 d-Moll

Der aus Mähren stammende Komponist Bohuslav Martinu war einer der großen Romantiker des 20. Jahrhunderts. Mit ihm ging die Tradition der tschechischen Nationalmusik zu Ende, die von Dvorak und Smetana begründet worden war. Paradoxerweise spielte ihr letztes Kapitel auf fremdem Terrain, denn Martinu verbrachte den größten Teil seines Lebens fern der Heimat, zunächst in Paris (1923-1940), später als Flüchtling vor den Nazis in den USA, schließlich nach dem Krieg als Umhergetriebener, dem die Rückkehr in die geliebte Heimat noch immer verwehrt wurde.

Es hängt wesentlich mit den psychologischen Folgen dieser Biographie zusammen, dass den Spätwerken von Martinu ein besonderer, wehmütiger Zug eignet. Die Sehnsucht nach der Heimat, die ihn schon während der amerikanischen Jahre förmlich umgetrieben hatte, wurde in den 50er Jahren zum beherrschenden Thema seiner Musik. Dies kann man bereits dem 2. Klaviertrio aus dem Jahre 1950 anhören, obwohl es noch in den USA entstand.

Martinu schrieb es im Februar 1950 in New York im Auftrag des Massachusetts Institute of Technology. Unter seinem Kürzel MIT gilt dieser riesige Gebäudekomplex am Hudson River, zwischen Boston und der Harvard University gelegen, als das berühmteste Technologie-Institut der Welt. An kaum einem Ort der USA ist mehr akademisches Know-How vereint als hier. Zu den mehr als 20 Bibliotheken des MIT gehört die Hayden Library (heute Hayden Circulation), ein beherrschendes Gebäude am Hudson, zu dessen Einweihung 1950 Martinus Trio erklang. Ob sich die Professoren und Studenten des ehrwürdigen Instituts durch die rhythmisch vitale Musik des tschechischen Emigranten in ihrem Geist bestätigt fühlten, entzieht sich unserer Kenntnis.

Der erste Satz, Allegro moderato, beginnt mit einer Streicherpassage im Stil einer barocken Toccata. Neben der französischen Musik der 1920er Jahre waren es die barocke Form des Concerto grosso und das Madrigal der Renaissance, die Martinu stilistisch am stärksten beeinflussten. Das barocke Streicherthema zu Beginn des d-Moll-Trios wird durch die Harmonien des Klaviers tschechisch umgedeutet und macht alsbald einem kapriziösen zweiten Thema im tschechischen Stil Platz. Der vorherrschende Charakter des Satzes ist nervöse Beweglichkeit, die von einigen monumentalen Pathosgesten unterbrochen wird.

Umso ruhiger gibt sich das Andante: Barocke Sequenzen in tschechischer Färbung bereiten eine nostalgische Violinmelodie vor, die im Duo der Streicher eine dvoraknahe Wendung nimmt. Ein schlichtes Dreitonmotiv durchzieht den Satz, der mal in kraftvollen Klavierakkorden auftrumpft, mal in stillen Linien vor sich hin zu meditieren scheint.

Mit dem Perpetuum mobile des Finales machte Martinu berühmteren Beispielen dieses Genres Konkurrenz, etwa Haydns Rondo in the gipsy style. Bei ihm mischen sich verfremdend moderne Klänge in den Galopp der drei Instrumente.