Drei Madrigale für Violine und Viola
Werkverzeichnisnummer: 1213
1. Poco allegro
2. Poco andante – Andante moderato
3. Allegro – Moderato – Tempo I
Zu den zahllosen europäischen Komponisten, die während der Kriegsjahre als Immigranten in die USA kamen, gehörte auch der Tscheche Bohuslav Martinu. Der in Paris lebende Musiker floh im Juni 1940 vor den Nazis nach Südfrankreich, wo er auf Bahnhöfen übernachtete, dann nach Lissabon, wo seine Emmigration lange am seidenen Faden hing. Im März 1941 kam er schließlich doch noch in New York an, unter den „ungünstigsten Umständen“ (Yves Lenoir), denn er war mit Bartók, Tansmann und Tailleferre „einer der letzten europäischen Musiker, die sich in den USA niederließen, und er fand nicht mehr dieselben Integrationsbedingungen vor, wie sie noch zu einem früheren Zeitpunkt bestanden. Wenn man Arnold Schönberg, Ernst Toch, Kurt Weill u. a. noch die Tore der wichtigsten Universitäten und Musikhochschulen geöffnet hatte, so mußte sich das Land nun … auf die massenhafte Ankunft von Millionen Einwanderern gefaßt machen, und die finanziellen Kürzungen trafen künstlerische Aktivitäten und universitäre Forschung in besonderem Maße.“ Martinu, der kein Englisch sprach und fast alle seine Partituren in Paris hatte zurücklassen müssen, wäre in dieser Situation hilflos gewesen, hätte ihm nicht der Dirigent Koussevitzky den Auftrag zu einer Sinfonie erteilt. Sie wurde ein großer Erfolg, weitere Kompositionsaufträge schlossen sich an. Dennoch blieb Martinus Leben in den USA von ständiger Sehnsucht nach der Heimat begleitet.
Auf die Kriegsjahre folgte eine Zeit tiefer Depression, denn das Kommunistische Regime vereitelte seine schon geplante Rückkehr nach Prag. Außerdem beeinträchtrigte ein Unfall sein Nervensystem und Gehör für viele Jahre. In dieser Extremsituation entstanden die Drei Madrigale für Violine und Viola ür das befreundete Ehepaar Lillian und Joseph Fuchs . Sie können – nach Mozarts Duos KV 423 und 424 – als die eigentlichen Meisterwerke dieser Gattung gelten. Durch Akkordspiel, Tremoli und andere Klangeffekte erreichen die beiden Instrumente die Klangfülle eines Streichquartetts; der motivische Schlagabtausch und die rhythmischn Energie der Ecksätze bilden mit den ätherischen Klangflächen des Andante eine vollendete Einheit. Der Rückgriff auf die Renaissanceform des Madrigals findet sich auch in anderen Kammermusiken des Komponisten (Madrigal Stanzas, Madrigalova Sonata etc.). Im tschechischen Volkston des Finales werden die nationalen Wurzeln seiner Kunst, aber auch seine Sehnsucht nach der Heimat hörbar.