Lieder eines fahrenden Gesellen | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gustav Mahler

Lieder eines fahrenden Gesellen

Lieder eines fahrenden Gesellen für Singstimme und Kammerensemble, bearbeitet von Arnold Schönberg

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1179

Satzbezeichnungen

1. Schneller. Langsamer (Wenn mein Schatz Hochzeit macht)

2. Gemächlich, nicht eilen. (Ging heut‘ morgen über’s Feld)

3. Schnell und wild (Ich hab‘ ein glühend Messer)

4. Alla Marcia (Die zwei blauen Augen)

Erläuterungen

2001
GUSTAV MAHLER
Lieder eines fahrenden Gesellen

In seinem Verhältnis zur Musik Mahlers war Schönberg nach eigenem Bekenntnis „Saulus, ehe ich Paulus wurde“. Erst 1911 erkannte er das Zukunftweisende in Mahlers Werken. Fortan setzte er sich rückhaltlos für die Verbreitung von Mahlers Musik ein. Mahler seinerseits hatte als Direktor der Wiener Hofoper die Uraufführungen verschiedener Schönberg-Stücke durchgesetzt (u.a. der ersten Kammersymphonie).

Dass Schönberg neben Teilen aus dem Lied von der Erde ausgerechnet die Lieder eines fahrenden Gesellen für den Wiener Verein bearbeitete, hatte historische Gründe. Er erkannte in diesem frühen Liederzyklus den Keim der spezifischen Lyrik Mahlers und die Wurzel seines Verständnisses von der Symphonie. Bekanntlich hat Mahler thematisches Material aus den Gesellen-Liedern in seine Erste Symphonie übernommen, wie er es dann in seinen späteren Liederzyklen und Symphonien beibehielt. Insofern ist das Orchesterlied bei Mahler Quelle seiner Sinfonik bis zur Sechsten. Außerdem kündigt sich schon im Orchesterklang der frühen Lieder die spezifische Instrumentationskunst Mahlers an, bei der sich – wie es Adorno formulierte – Kammermusik im Orchester „einnistet“.

Den Schlüssel zum inhaltlichen Verständnis seiner Gesellenlieder hat Mahler selbst geliefert. Zu Neujahr 1885 bekannte er in einem Brief an seinen Freund Fritz Löhr: „Ich habe einen Zyklus Lieder geschrieben, vorderhand sechs, die alle ihr gewidmet sind. Sie kennt sie nicht. Was können sie ihr andres sagen, als was sie weiß…-? Die Lieder sind so zusammengedacht, als ob ein fahrender Gesell, der ein Schicksal gehabt, nun in die Welt hinauszieht, und so vor sich hin wandert.“ Mit „ihr“ war Johanna Richter, Koloratursopranistin am Kasseler Theater, gemeint, mit der Mahler eine schwärmerische Liebesbeziehung verband. Das Aussichtlose dieses Verhältnisses spiegelt sich im Ton der Lieder wider, doch natürlich geht der Anspruch des Werkes weiter. Es enthält eine Gebrochenheit und Tragik, die außerhalb des Persönlichen liegen und für Mahler typisch werden sollten. Für den Ausdruck dieser Gefühle benutzte Mahler Gedichte aus Des Knaben Wunderhorn und aus einem Lyrikband von Rudolf Baumbach, die er in freien Umdichtungen zur Geschichte von einem fahrenden Gesellen (so der Urtitel) zusammenstellte. Später eliminierte er die beiden Baumbach-Lieder (Die Lindenwirthin und Der Wagen rollt) und erhielt so die viersätzige Endfassung, deren Uraufführung er 1896 in Berlin dirigierte.