Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello
Werkverzeichnisnummer: 1173
1. Introductory Movement
2. Main Movement
Witold Lutoslawski , der Altmeister der Neuen Musik in Polen, erschloß durch seine kompositorischen Experimente besonders nach dem 2. Weltkrieg der Avantgarde neue Perspektiven. Dazu gehörten die Entwicklung eines eigenen Systems von atonaler Harmonik und vor allem das Experimentieren mit der Aleatorik, also mit einem teilweise vom Interpreten zu bestimmenden, „zufälligen“ Verlauf. Lutoslawski hat den Zufall in dieser Spielart der westlichen Avantgarde einzugrenzen versucht, weshalb man bei ihm von „begrenzter Aleatorik“ spricht.
In keinem seiner Werke ist sie so dominant wie im Streichquartett. Es entstand 1964 und wurde im folgenden Jahr in Stockholm vom „La Salle Quartett“ uraufgeführt. Das 25minütige Werk besteht aus 51 „sections“, Klangfeldern, in denen die Spieler kurze Motive solange wiederholen, bis einer von ihnen zum nächsten Feld übergeht. Verabredete Signale erleichtern die Verständigung. Im 1. Satz sind es Oktaven. „Wer zuerst beendet, der spielt seine Oktave. Die anderen müssen auf dieses Signal hin das abbrechen, was sie spielten, und ihre Oktav spielen und – weiter gehen.“ Die so abgegrenzten Klangfelder nannte Lutoslawski „Mobiles“ oder „Dias“. „Kulminierend in einer Appassionato-Klimax (Sektion 42) werden Floskeln von fast athematischer Kürze immer dichter miteinander verquickt, bis der gordische Knoten nur noch mit einem Hieb durchschlagen werden kann: eine als Indifferent bezeichnete Sektion leitet über zu einem Funebre kurz vor Schluß – Signal des Abschieds, Anzeichen der beginnenden Auflösung“ (K. H. Stahmer). Harmonisch steht das Quartett Lutoslawskis bekannter „Trauermusik“ für Streicher von 1958 nahe.