Suite Nr. 3 C-Dur für Violoncello solo, BWV 1009
Werkverzeichnisnummer: 116
1. Prélude. Presto
2. Allemande. Allegro
3. Courante. Allegro
4. Sarabande. Largo
5. Bourrée I und II
7. Gigue. Allegro
2004
J. S. BACH
Cellosuite Nr. 3 C-dur
Gleich zwei bedeutende Cellisten zählte die fürstliche Hofkapelle im anhaltischen Städtchen Köthen nahe Halle um 1720 zu ihren Mitgliedern. Christian Bernhard Linigke, der Solocellist der Kapelle, und Christian Ferdinand Abel, ihr Gambist, der auch als Violinist und Cellist „zu gebrauchen“ war, rangierten ganz oben auf der fürstlichen Gehaltsliste – direkt nach dem Konzertmeister und dem Hofkapellmeister, der kein Geringerer als Johann Sebastian Bach war. Gehaltslisten sind untrügliche Indizien für den Stellenwert der Musiker und ihrer Instrumente, und so darf angenommen werden, dass dem Cello in Köthen eine prominente Rolle zukam, nicht nur im Basso continuo als omnipräsente Stütze der fürstlichen Musica da Camera, sondern darüberhinaus solistisch, wie es übrigens auch die Brandenburgischen Konzerte Nr. 3 und 6 belegen.
Gerne wüssten wir mehr darüber, wie Bach zusammen mit seinen beiden Köthener Cellisten die Idee seiner 6 Suites a Violoncello solo senza Basso entwickelte und langsam reifen ließ. Zeit und Muse waren dazu unter dem „die Musik sowohl liebenden als kennenden Fürsten“ Leopold von Anhalt-Köthen reichlich vorhanden. Auch Gelegenheiten, die Stücke aufzuführen, fanden sich, etwa während der Badereisen des Fürsten ins böhmische Karlsbad, wohin ihm seine „Cammermusici“ Linigke und Abel und sein Hofkapellmeister folgten. Sich weitere Details der frühen Aufführungs- und Wirkungsgeschichte von Bachs Cellosuiten auszumalen, muss der Fantasie der Leser überlassen bleiben, denn die überlieferten Notenquellen sind wie so oft bei Bach das einzige erhaltene Material aus der Entstehungszeit der Werke. Nichts deutet darauf hin, dass die sechs Suiten schon damals für Aufsehen sorgten oder einen ähnlichen Stellenwert unter Cellisten erlangt hätten, wie sie ihn heute behaupten.
Trotz mancher Vorläufer im Bereich der solistischen Cellomusik muss es erstaunen, mit welcher Konsequenz Bach die Möglichkeiten des Instruments und des Genres in seinen sechs Suiten auslotete. Man darf getrost annehmen, dass Bach selbst zum Cello griff. Der Bogen der spieltechnischen Anforderungen reicht von den Effekten der italienischen Violinschule über Anleihen beim französischen Gambenstil bis hin zu Anklängen an den „polnisch-hanakischen“ Stil, mit dem deutsche Komponisten die rustikale Kunst polnischer Wirtshausgeiger imitierten.
Im Formal-Stilistischen hat sich Bach in keinem anderen Suitenzyklus so große Beschränkungen auferlegt wie in den Cellosuiten. Alle weisen die gleiche Form auf: auf ein Präludium folgen jeweils die vier üblichen Suitensätze Allemande, Courante, Sarabande und Gigue; vor der letzteren ist jeweils ein Paar sogenannter Galanterien eingeschoben. Was sich in diesem unveränderlichen Rahmen an Varianten der Form und an Vielfalt des Ausdrucks abspielt, übertrifft den Formenreichtum in Zelenkas Sonaten noch um ein Vielfaches, und das auf den bloßen vier Saiten eines einzigen Instruments.
DIE DRITTE SUITE in C-Dur, BWV 1009, ist die brillanteste des Zyklus. Das Präludium kostet mit nie versiegendem Einfallsreichtum die Möglichkeiten von Läufen und Dreiklangsbrechungen aus – im Duktus eines bewegten Allegrosatzes, ganz ähnlich dem Preludio der E-Dur-Partita für Violine solo. Die fesselnde Dramatik dieses Satzes entsteht aus den harmonischen Ausweichungen, die sich nach und nach ins anfangs so strahlende C-Dur einschleichen. Sie münden gegen Ende in dramatische Akkordgriffe
Allemande und Courante sind danach sozusagen demonstrativ einstimmig. Erstere wird durch eine galante Anapästfigur sanft auf Trab gehalten, letztere durch den Wechsel zwischen gebrochenen Dreiklängen im Staccato und kurzen Legato-Bögen auf raffinierte Weise „italianisiert“. Während die Sarabande zur pathetischen Harmonik des Präludiums zurückkehrt, geben sich die beiden Bourrée-Sätze geschäftig und unkompliziert. Die Gigue rundet die Suite vollendet ab, denn sie greift nicht nur die Molleintrübungen aus Präludium und Sarabande auf, sondern entwickelt mithilfe von Bordunbässen und Bariolage-Effekten eine ähnlich bizzarre Klangwelt. Vorbild war hier der „polnisch-hanakische“ Stil Telemanns, der diesem Finale einen Zug ins Burleske verleiht.
Karl Böhmer
2003
SUITE Nr. 3 C-Dur
Das Präludium der dritten Suite in C-Dur beginnt ganz ähnlich wie Bachs große Orgelpräludien in der gleichen Tonart: mit einem großzügigen Abstecken der Grundtonart und ihres Klangraums, bevor diese sukzessive durch Modulationen verfremdet wird. Die fesselnde Dramatik dieses Satzes entsteht wesentlich aus den harmonischen Auweichungen, gepaart mit immer bizarreren Formen des Arpeggios. Allemande und Courante sind danach sozusagen demonstrativ einstimmig. Erstere wird durch eine galante Anapästfigur auf Trab gehalten, letztere durch den Wechsel zwischen gebrochenen Dreiklängen im Staccato und kurzen Legato-Bögen. Während die Sarabande zur pathetischen Harmonik des Präludiums zurückkehrt, geben sich die beiden Bourrée-Sätze geschäftig und unkompliziert. Die Gigue rundet die Suite vollendet ab, denn sie greift nicht nur die Molleintrübungen aus Präludium und Sarabande auf, sondern entwickelt mithilfe von Bordunbässen und Bariolage-Effekten eine ähnlich bizzarre Klangwelt. Vorbild war hier der „polnisch-hanakische“ Stil Telemanns, der diesem Finale einen Zug ins Burleske verleiht.