Tanz | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Hans Krása

Tanz

Tanz für Violine, Viola und Violoncello (1944)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1115

Satzbezeichnungen

Presto – Etwas ruhiger – Primo tempo

Erläuterungen

Hans Krása war bis 1939 einer der angesehendsten Komponisten der tschechischen Hauptstadt Prag, danach verfolgter Musiker im sog. “Protektorat Böhmen und Mähren”, schließlich ab November 1941 Häftling Nummer 21855 im Lager Theresienstadt. Gemeinsam mit Gideon Klein und anderen hatte er bereits nach der deutschen Besetzung Prags und dem Ausschluß der Juden vom öffentlichen Leben Künstlertreffen in jüdischen Wohnungen organisiert und für das jüdische Waisenhaus seine Kinderoper Brundibár geschrieben, die uraufgeführt wurde, als er bereits interniert war. (Die Jungen, die sie spielten, kamen wenig später selbst in die Lager.) In Theresienstadt war Krása Leiter der Musiksektion in der sog. “Freizeitgestaltung” der Häftlinge – ein Teil der von den Deutschen gewährten “Selbstverwaltung”. Gemeinsam mit Prager Freunden sorgte er bis zur Deportation nach Auschwitz mit bewundernswertem Einsatz für musikalische Veranstaltungen im Lager – als Mahnmal der Moralität gegen den sie umgebenden Wahnsinn, aber auch als praktische Überlebenshilfe für die Tausenden von Hätftlingen. Daß die Nazis die Aufführungen in schamloser Weise für ihre Propaganda ausnutzten, konnten die Musiker nicht verhindern. So wurde eine der insgesamt 55 Aufführungen von Brundibár, die 1943/44 in Theresienstadt stattfanden, als Propagandamaterial zur Verschleierung der Judenvernichtung gefilmt. Krása hatte das in Werk mithilfe des Klavierauszugs, den ein Freund ins Lager geschmuggelt hatte, für die in Theresienstadt vorhandene Besetzung neu instrumentiert. Der Brundibár-Film wurde am 20. August 1944 gedreht; am 16. Oktober wurde der Komponist nach Auschwitz transportiert, am folgenden Tag ermordet.

Die beiden Werke für Streichtrio, Tanz sowie Passacaglia und Fuge, hat Krása 1944 in Theresienstadt geschrieben. Sie sind dort wahrscheinlich auch aufgeführt worden. Die Passacaglia verrät in ihrem von Chromatik durchsetzten, an den frühen Schönberg erinnerenden Stil Krásas Prägung durch die Wiener Musik der Jahrhundertwende, die ihm der Prager Mahler-Kult vermittelt hatte. Wien ist auch dadurch in dem Satz präsent, daß dem Baßthema eine wienerische Walzermelodie als Kontrapunkt gegenübergestellt wird; die beiden Themen werden im doppelten Kontrapunkt verarbeitet. Das Thema der Fuge ist aus der Walzermelodie abgeleitet; im Gegensatz zu den byrhythmischen Effekten der Passacaglia ist sie ein Satz von neobarocker Motorik. Der Tanz knüpft beim robusten tschechischen Volkston eines Gideon Klein oder Schulhoff an.

Hans Krása, seit November 1941 nurmehr Nummer 21855 in Theresienstadt, gehörte zu den treibenden Kräften im Lager. Bereits 1939, nach der deutschen Besetzung Prags und dem Ausschluß der Juden vom öffentlichen Leben, hatte er gemeinsam mit Gideon Klein und anderen Freunden Künstlertreffen in jüdischen Wohnungen organisiert. Für das jüdische Waisenhaus schrieb er in dieser Zeit seine Kinderoper Brundibár, sein bekanntestes Werk. Sie wurde in Prag dreimal aufgeführt, als Krása bereits in Theresienstadt interniert war. (Die Jungen, die sie spielten, kamen wenig später selbst in die Vernichtungslager.) Nach dem Klavierauszug, den ein Freund ins Lager geschmuggelt hatte, instrumentierte Krása das Werk für Theresienstadt neu. Dort kam es ab September 1943 zu insgesamt 55 Aufführungen. Eine von ihnen filmten die Nazis als Propagandamaterial zur Verschleierung der Judenvernichtung. Dies geschah am 20. August 1944. Am 16. Oktober wurde der Komponist nach Auschwitz transportiert, am folgenden Tag ermordet.

Tanz sowie Passacaglia und Fuge für Streichtrio hat Krása 1944 in Theresienstadt geschrieben. Es sind seine letzten erhaltenen Kompositionen. Sie werden in unserem Konzert aus Kopien der handschriftlichen Partitur gespielt; ein Stimmenmaterial dazu gibt es bis heute nicht. Es handelt sich jedoch ohne Zweifel um hoch bedeutende Kammermusiksätze und Bereicherungen des schmalen Repertoires für Streichtrio. Beide Werke zeigen deutlich, daß ihr Komponist im Milieu des Prager Mahler-Kultes aufgewachsen war. So ist der Tanz ein in mahlerscher Weise gebrochener Riesen-Walzer, mit wienerischen Episoden, die unvermittelt in hektische Bewegung abstürzen. Ähnliche stilistische Gegensätze zeigen Passacaglia und Fuge, deren thematisches Material, besonders das Cellothema der Passacaglia, Krásas Begabung für spannungsvoll-dissonante Melodik erkennen lassen.