Passacaglia und Fuge für Violine, Viola und Violoncello (1944)
Werkverzeichnisnummer: 1114
Sehr ruhig
Allegro molto
2002
HANS KRÁSA
Passacaglia und Fuge
Das zweisätzige Streichtrio des Prager Komponisten Hans Krása berührt das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte: Krása war bis 1939 einer der angesehendsten Komponisten in Prag, danach verfolgter Musiker im “Protektorat Böhmen und Mähren”, schließlich ab November 1941 Häftling Nummer 21855 im Lager Theresienstadt. Gemeinsam mit Gideon Klein und anderen hatte er ab 1939 Künstlertreffen in jüdischen Wohnungen organisiert und für das jüdische Waisenhaus in Prag seine Kinderoper Brundibár geschrieben, die uraufgeführt wurde, als er bereits interniert war. In Theresienstadt war er Leiter der Musiksektion in der “Freizeitgestaltung” der Häftlinge – ein Teil der von den Deutschen gewährten “Selbstverwaltung”. Für die Konzerte in diesem Rahmen schrieb Krása im Sommer 1944 sein Passacaglia und Tanz für Streichtrio. Zwei Monate später wurde der Komponist nach Auschwitz deportiert und ermordet.
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Bis 1939 war Hans Krása einer der angesehendsten Komponisten der tschechischen Hauptstadt Prag, danach verfolgter Musiker im sog. “Protektorat Böhmen und Mähren”, schließlich ab November 1941 Häftling Nummer 21855 im Lager Theresienstadt. Gemeinsam mit Gideon Klein und anderen hatte er bereits nach der deutschen Besetzung Prags und dem Ausschluaa der Juden vom öffentlichen Leben Künstlertreffen in jüdischen Wohnungen organisiert und für das jüdische Waisenhaus seine Kinderoper Brundibár geschrieben, die uraufgeführt wurde, als er bereits interniert war. (Die Jungen, die sie spielten, kamen wenig später selbst in die Lager.) In Theresienstadt war Krása Leiter der Musiksektion in der sog. “Freizeitgestaltung” der Häftlinge – ein Teil der von den Deutschen gewährten “Selbstverwaltung”. Gemeinsam mit Prager Freunden sorgte er bis zur Deportation nach Auschwitz mit bewundernswertem Einsatz für musikalische Veranstaltungen im Lager. Dass die Nazis diese Aufführungen in schamloser Weise für ihre Propaganda ausnutzten, konnten die Musiker nicht verhindern. So wurde eine der insgesamt 55 Aufführungen von Brundibár, die 1943/44 in Theresienstadt stattfanden, als Propagandamaterial zur Verschleierung der Judenvernichtung gefilmt. Der Brundibár-Film wurde am 20. August 1944 gedreht. Am 16. Oktober wurde der Komponist nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Passacaglia und Fuge für Streichtrio hat Krása 1944 in Theresienstadt geschrieben. Sie sind dort auch aufgeführt worden. Die Passacaglia verrät in ihrem von Chromatik durchsetzten, an den frühen Schönberg erinnerenden Stil Krásas Prägung durch die Wiener Musik der Jahrhundertwende, die ihm der Prager Mahler-Kult vermittelt hatte. Wien ist auch dadurch in dem Satz präsent, dass dem Bassthema eine wienerische Walzermelodie als Kontrapunkt gegenübergestellt wird. Die beiden Themen werden im doppelten Kontrapunkt verarbeitet. Das Thema der Fuge ist aus der Walzermelodie abgeleitet. Im Gegensatz zu den byrhythmischen Effekten der Passacaglia ist sie ein Satz von neobarocker Motorik.