Trio für Klavier, Violine und Violoncello, op. 1
Werkverzeichnisnummer: 1111
1. Allegro non troppo, con espressione
2.Scherzo. Trio
3. Larghetto
Korngold zählte zu den wenigen frühreifen Komponisten, die das Etikett „Wunderkind“ verdienten. Im Todesjahr von Brahms geboren, schien er dem Wort „Genie“ neues Leben einzuhauchen. Das 19. Jahrhundert hatte den Geniebegriff derart überstrapaziert und durch staatliche Förderung korrumpiert, dass Brahms nur noch lakonisch fragte: „Früher gab es viele Genies und keine Stipendien, heute gibt es viele Stipendien, aber wo sind die Genies?“ Korngold hatte kein Stipendium nötig. Er trat mit 13 Jahren fertig vor die Öffentlichkeit.
Geboren wurde er im mährischen Brünn (Brno) als Sohn des Musikkritikers Julius Korngold, der 1901 nach Wien übersiedelte. „Als Zehnjähriger von Gustav Mahler bei persönlichem Vorspiel eigener Stücke zum Genie ausgerufen, ging der junge Korngold auf Mahlers Empfehlung zu Alexander von Zemlinsky in die Lehre und wurde neben Arnold Schönberg der wohl wichtigste Zemlinsky-Schüler. Bereits 1909 (mit 13 Jahren!) war Korngold mit Klavierwerken hervorgetreten, deren Modernität und Reife international Aufsehen erregten und rasch prominente Fürsprecher fanden. Richard Strauss äußerte 1910 seine Bewunderung für ‚diesen jungen Erzmusikanten‘, dessen Kompositionen ihn ‚mit Schrecken und Furcht‘ erfüllten.“ (Olaf Kiener) Ohne Übertreibung durfte man diesen Jungen als den „Mozart des 20. Jahrhunderts“ apostrophieren, was der junge Erwachsene durch seine Bühnenwerke bestätigte.
Violanta (1916), Das Wunder der Heliane (1927) und Die tote Stadt (1920) waren „die“ Opern der 20-er Jahre neben Strauss und Schreker. Doch dann kamen die Nazis und mit ihnen das amerikanische Exil. „Ein eher zweischneidiger Ruhm, der hinterher noch lange als Makel haften blieb, schloss sich von 1934 bis 1946 an, als Korngold, durch Nazi-Rassenwahn und die Okkupation Österreichs ins Exil getrieben, auf Einladung Max Reinhardts in den USA als Filmkomponist künstlerische Pionierarbeit leistete. 1949 kehrte Korngold nach Wien zurück. Aber seine Hoffnung, an vornazistische Erfolge anknüpfen zu können, wurde enttäuscht. Seine melodische Musik, die bei aller Dissonanz nie der Tonalität und Schönheit abschwor, traf nun der Bannstrahl der Nachkriegs-Avantgarde. Verbittert ging Korngold, dessen Schaffen untrennbar mit Wien verwurzelt war, 1955 endgültig nach Amerika, wo er 1957 in Los Angeles starb.“ (Kien)
Noch heute gilt Korngold als Theater- und Filmkomponist; in Kammermusikführern wird er, wenn überhaupt, nur gestreift. Bei einer Jugend im Milieu der Wiener Jahrhundertwende war es jedoch undenkbar, sich nicht auch den klassisch-romantischen Kammermusikgattungen zu widmen. Kaum zufällig war es ein Klaviertrio Opus 1, mit dem der 13jährige debütierte. Keine Geringeren als Bruno Walter, der Quartett-Primarius Arnold Rosé und Friedrich Buxbaum hoben es aus der Taufe.
Nur die Widmung „Meinem lieben Papa“ könnte das wahre Alter des Autors verraten. Bereits der erste Satz hebt mit einem so raumgreifenden Thema an, dass man es nur einem viel Älteren zutrauen würde. Die Arabesken eines Strauss und die vagierende Harmonik des Schönberg-Kreises drückten diesem Thema den Stempel auf, wie auch der restliche Satz mit seinen Tempowechseln und dem Changieren zwischen Marcato und weichem Melos dem Jugendstil huldigt.
Das übermütige Scherzo hebt mit einem Dur-Moll-Wechsel an, und im Trio werden die Vorhalte so chromatisch, dass die Tonart kaum noch zu bestimmen ist. Dieser Zug zum ausdrucksgesättigten Vorhalt durchzieht auch das Larghetto, vom Cello-Klavier-Gesang bis hin zur Pizzicato-Episode. Das tänzerische Finale mündet – wie anders in Wien- in einen schnellen Walzer.