Trio in drei Sätzen für Violine, Violoncello und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 1056
1. Largo – Andantino
2. Allegretto – Larghetto
3. Andantino – Adagio – Allegretto – Walzer, molto rubato- Andantino rubato – Allegretto
MAURICIO KAGEL gab seinem Klaviertrio von 1984/85 ebenfalls – wie Jolivet und Roussel vor ihm – drei Sätze. Der Grund dafür lag freilich nicht in den Konventionen eines Stilschemas, sondern in der komplizierten Vorgeschichte des Werkes, die Kagel selbst beschrieben hat:
Mit der Komposition eines Klaviertrios habe ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Es ist dies ein Genre, vergleichbar mit der Tradition des Streichquartettes, vor dem jeder Komponist leise Ehrfurcht haben dürfte. Auch ich wartete geduldig, aber beunruhigt, um meinen Obulus zu entrichten.
Die Vorgeschichte des Stückes ist mit meinem Musikepos über den Teufel (“La Trahison Orale”) aufs Engste verknüpft, das ich 1981-83 schrieb. Bereits bei der Konzeption des Werkes entschied ich mich, Charakterstücke zu komponieren, relativ kurze Nummern mit ausgeprägter Atmosphäre, die im Gestus mit Liedern ohne Worte verglichen werden könnten. Es mag seltsam anmuten, daß man heute wieder Musik mit solch literarischem Hintergrund komponieren kann, aber die Entwicklung der Musikgeschichte zeigt, daß nichts gradlinig, sondern durch den ästhetischen Anspruch aufgerüttelt, verschlungen verläuft.
Für “Trahison orale” habe ich keine bestimmte Besetzung vorgeschrieben, sondern eine Art Klavierauszug gewählt, weil mir dies die geeignetste Form schien, um mein Vorhaben zu verwirklichen. Eine der wesentlichen Lehren, die wir aus der Romantik ziehen können, ist das Primat der musikalischen Substanz über eine spezifische Klangfarbe: Wenn die Vorstellungskraft einprägsam genug ist, dann kann sie mit austauschbaren Klangmitteln einen ihr gerechten Ausdruck finden. Von Anfang an schwebte mir eine Paraphrase meines Musikepos mit der klassischen Besetzung Geige, Violoncello und Klavier vor. Ich habe dies nun in Form eines dreisätzigen Werkes ausgearbeitet und dessen Ablauf mit dem Hauch eines Rondo umgeben. Man könnte dieses Klaviertrio mit einem polyphonen Gefüge von Charakterstücken vergleichen, in dem ausgeprägte Merkmale immer wieder vorkommen, sich verfolgen, abrupt aufhören, aus dem Hintergrund schnell zur Oberfläche steigen und langsam verschwinden. Es ist dennoch absolute Musik im klassischen Sinne – die wahren Gründe des Absoluten verbergend. (Mauricio Kagel)