Stunden-Blumen | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Toshio Hosokawa

Stunden-Blumen

Hommage à Olivier Messiaen (2008) für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Besetzung

Klarinette
Violine
Violoncello
Klavier

Satzbezeichnung

Erläuterung

Wie sein Lehrer Isang Yun ist Toshio Hosokawa bis heute ein Wanderer zwischen den Welten Europas und des fernen Ostens: „Ich suche nach einer neuen Form spiritueller Kultur und Musik des japanischen Volkes, mit der ich sowohl mir selbst als auch meiner Herkunft treu bleibe. Wir müssen den Westen noch einmal und gründlicher studieren, um unsere Sicht auf uns zu objektivieren und uns selbst wirklich kennen zu lernen.“
Für seine spirituelle Sicht der Natur hatte Hosokawa einen Lehrmeister, bei dem er nie Unterricht hatte: Olivier Messiaen. Zum 100. Geburtstag des großen Franzosen im Dezember 2008 hat er seine Hommage à Messiaen geschrieben: das Quartett Stunden-Blumen für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier. Die Besetzung ist dem berühmtesten Kammermusikwerk Messiaens nachgebildet: dem Quatuor pour la fin du temps. Diese Endzeitvision nach Versen aus der Heiligen Offenbarung hat der tief gläubige Katholik Messiaen 1941 als Kriegsgefangener im STALAG VIIIA bei Görlitz komponiert und vor Tausenden von Mitgefangenen uraufgeführt.
Die spirituelle Aura jenes monumentalen achtsätzigen Quartetts hat Hosokawa in seiner fernöstlichen Färbung aufgegriffen, ebenso die endlos langen Liegetöne, die bei Messiaen das Tor zur Ewigkeit öffnen. Bei Hosokawa kreisen sie zu Beginn um ein liegendes Es in allen Stimmen, das vom vierfachen Piano bis zum Mezzopiano anwächst, allmählich überlagert von Trillern in allen Stimmen, von Tremoli der Streicher und Luftgeräuschen der Klarinette. Nach und nach beleben Mehrklänge die liegende Klangfläche, auch kure Vorschläge und kleine Arabesken, bis die Klarinette ein Cantabile anstimmt, das die anderen imitierend aufgreifen. Daraus entsteht ein kammermusikalischer Dialog, der doch immer auch Klangstudie bleibt und am Ende wieder in das liegende, leise Es zurücksinkt.

Karl Böhmer