Six Kilda Melodies | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

David P. Graham

Six Kilda Melodies

Six Kalda Melodies (2018)
Bearbeitung alter Gälischer Lieder von der Insel Hirta im Archipel St. Kilda
Auftragswerk der Villa Musica

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Erläuterung

DAVID P. GRAHAM

Six Kalda Melodies (2018)
Bearbeitung alter Gälischer Lieder von der Insel Hirta im Archipel St. Kilda
Auftragswerk der Villa Musica

Wer es im Nordwesten Schottlands schon einmal bis zu den Hebriden geschafft hat, jener unwirtlichen Inselgruppe, die den jungen Felix Mendelssohn zu seiner gleichnamigen Konzertouvertüre inspirierte, der kann erahnen, wie mühsam der Weg nach St. Kilda sein mag. Diese Inselgruppe liegt noch 64 km jenseits der Äußersten Hebriden und weist auf der Hauptinsel Hirta die höchsten und gefährlichsten Klippen des United Kingdom auf. Bis 1930 wurden diese Klippen, die jungen Männer, die sie erklommen, und die jungen Frauen, die zuhause auf sie warteten, in zahlreichen Liedern besungen. Denn das St. Kilda Archipel wurde von Schafbauern bewohnt, die sich auch von den Klippenvögeln und deren Eiern ernährten. Als aber der Tourismus des späten 19. Jahrhunderts und die militärischen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs die Isolation der Inselbewohner aufbrachen, verließen die jungen Männer scharenweise den Archipel. Der völlige Mangel an gesundheitlicher Versorgung führte schließlich dazu, dass sie Einwohner 1930 um Evakuierung baten. Seitdem ist die Inselgruppe nur noch ein Militärstützpunkt und ein Reich der Tiere. Die Lieder, die dort gesungen wurden, sind verstummt.

David P. Graham hat ihnen mit seinen Six Kilda Melodies für Violoncello und Akkordeon ein Denkmal gesetzt. Gewidmet hat er diese Komposition seinem Sohn Philip und dessen Duopartnerin Heidi Luosujärvi. Im heutigen Konzert erklingen die Stücke zum ersten Mal. Es ist sicher eine der stimmungsvollsten Uraufführungen, die bei Villa Musica jemals stattgefunden haben. Obwohl die alten Volkslieder von der Hauptinsel Hirta, die David P. Graham verarbeitet hat, in rein instrumentalen Fassungen erklingen, ist zu ihrem Verständnis der Inhalt der Lieder unabdingbar. Die in gälischer Sprache gedichteten Texte reflektieren des Dasein der Inselbewohner in vielen Schattierungen und erinnern so auch an das Leben, das es auf St. Kilda nicht mehr gibt. Außerdem erklärt der Inhalt des jeweiligen Liedes den Charakter der Musik, mal melancholisch, mal heiter, in einem Fall sogar unheimlich. Der Komponist hat dazu eine rührende englische Einführung verfasst, die hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben wird:

„St. Kilda, jenseits der Hebriden, der westlichste Punkt des Vereinigten Königreichs und ein magischer Ort, wo von der Steinzeit bis 1930 Menschen lebten, die Vögel und Eier von den gefährlichen Klippen sammelten, Schafe züchteten und den Kampf mit den Elementen ausfochten. Viel Zeit zum Singen also.

I. Òran na h-inghinn: Das Lied einer jungen Frau, die man gezwungen hatte, St. Kilda zu verlassen, um auf der Isle of Lewis einen Fremden zu heiraten. Ohne Unterlass schmachtet sie nach ihrer Heimat und ihrem Liebsten dort.

II. Cas na caora Hiortaich, ò! Ein puirt-a-beul song, ein gesungenes Tanzlied, das auf humorvolle Weise die positiven Eigenschaften der einheimischen Schafe von St. Kilda preist: leichtfüßig, freundlich, ihre Lämmer schützend und gute Wolle gebend.

III. Gur Ann Thall ann an Sòdaigh: Beim Klettern auf den Klippen und Aufstellen von Vogelfallen auf der Nachbarinsel Soay ist ein junger Mann aus Hirta ausgerutscht und zu Tode gestürzt. Seine Familie schaut hilflos zu: Seine Witwe beschreibt die Szene und beklagt ihr Leben, das sie nun ohne den führen muss, der für sie sorgte. Die Vögel, die ihr gehören sollten, schreien hoch am Himmel, und Engel nehmen ihre Eier weg.
IV. D’ dhà Shùil Bheag Bhiolach: Alle Dörfler sind oben im Gras der Hügel bis auf eine Frau mit ihrem Baby. Ihr gruseliges Wiegenlied vergleicht das Kind mit einem kleinen Vogel, der in einem Loch in der Felswand sitzt und mit seinen Knopfaugen schlaflos zurückstarrt.

V. Iorram suirghe: Dieses Ruderlied (Iorram) ist ein Hymnus auf den Frühling, die junge Liebe, das klare Wasser und die Rückkehr der Vögel auf die Inseln. Es wurde bereits 1865 von einem Musikforscher aufgezeichnet, und zwar so, wie es die damals schon hochbetagte Oighrig (Effie) MacCrimmon sang. Sie reklamierte das Lied für ihre Eltern, die es als Liebesduett vor ihrer Heirat gemeinsam komponiert haben sollen.

VI. Òigear a’ chùil duinn: Das Lied schildert, wie ein braunhaariger junger Adliger aus Islay im 19. Jahrhundert nach St. Kilda kommt und wie sich ein Inselmädchen Hals über Kopf in ihn verliebt, während sie allen Kilda Boys einen Korb gibt.“ (David P. Graham)