Quintett C-Dur, op. 79 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

August Klughardt

Quintett C-Dur, op. 79

Quintett C-Dur, op. 79

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3990

Satzbezeichnungen

1. Allegro ma non troppo

2. Allegro vivace

3. Andante grazioso

4. Adagio – Allegro molto vivace

Erläuterungen

2000
AUGUST KLUGHARDT
Bläserquintett C-Dur, op. 79

Die Geschichte des Bläserquintetts ist selbst ein Stück Technik-Geschichte. Im Gegensatz zu den Streichinstrumenten, deren Aufbau sich im wesentlichen seit dem 17. Jahrhundert kaum verändert hat, gehört die technische Verbesserung der Holzblasinstrumente und Hörner zu den großen Leistungen des 19. Jahrhunderts. Ohne die Einführung des Böhmschen Klappensystems auf der Querflöte, ohne die analogen mechanischen Modernisierungen von Oboe, Klarinette und Fagott und ohne den Wechsel vom Natur- zum Ventilhorn hätte ein Werk wie das Bläserquintett von August Klughardt nicht geschrieben werden können.
Klughardt war Liszt-Freund und -Nachahmer, und das bedeutete, harmonisch gesehen, dass er das gesamte Spektrum der Chromatik, also der Halbtonschritte für seine Musik ausnutzte. Im Orchester oder im Streicherensemble mit oder ohne Klavier war dies kein Problem, wohl aber im reinen Holzbläserensemble, das chromatisch nie so flexibel war wie die Formationen der Streicherkammermusik. Auf den Instrumenten das frühen 19. Jahrhunderts, für die Komponisten wie Anton Reicha die ersten Bläserquintette geschrieben hatten, wäre Klughardts Quintett gar nicht ausführbar gewesen. Erst die neue Mechanik Böhms und der anderen “Erfinder” des späteren 19. Jahrhunderts verschaffte den Musikern im Bläserquintett eine dem Streichquartett vergleichbare Modulationsbreite.

Klughardts Lebenslauf ist typisch für die nicht kleine Gruppe der soliden deutschen Kapellmeister in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die bis heute im Schatten der großen Romantiker wie Liszt oder Brahms stehen. In der anhaltischen Bachstadt Köthen geboren, wurde er nach Stellungen in Posen, Neustrelitz und Lübeck Musikdirektor am Hoftheater Weimar, wo er sich mit Liszt anfreundete. 1882 ging er als Hofkapellmeister nach Dessau und dirigierte dort bereits 1892 den kompletten Ring von Wagner. In seinen sinfonischen Werken folgte Klughardt dem “neudeutschen” Ideal der Programmmusik, während seine Konzerte und seine Kammermusik eher der “absoluten Musik” zuzurechnen sind. Seine Oratorien Die Zerstörung Jerusalems und Judith galten um die Jahrhundertwende als Klassiker des Genres.

Das Bläserquintett C-Dur war sein letztes, 1901 komponiertes Kammermusikwerk. Es ist ein “gehöriges viersätziges Stück”, wie Brahms gesagt hätte, d.h. es verwendet alle vier Sätze der romantischen Standardfrom für Kammermusik und Sinfonik: einen mäßig schnellen Kopfsatz in Sonatenform, ein schnelles Scherzo an zweiter Stelle, ein Andante und ein Finale mit langsamer Einleitung. Im Charakter erinnert das Werk an Klughardts programmatische Instrumentalmusik wie etwa an die Schilflieder für Oboe, Viola und Klavier. Es handelt sich um eine geschickte Synthese aus pastoraler Idylle, spätromantischer Klangfarbenmusik und Wagner-Harmonik.