Sonate für Flöte und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 2298
1. Allegro malinconico
2. Cantilena
3. Presto giocoso
Im Dezember 1956, kurz vor der Uraufführung seiner Oper Dialogues des Carmélites (Gespräche der Karmeliterinnen), schrieb Francis Poulenc seine Flötensonate. Sie wurde sofort ein Klassiker des Repertoires, dank ihrer Natürlichkeit und entwaffnenden Schönheit im Melodischen.
Jean-Pierre Rampal, begleitet vom Komponisten am Klavier, mußte bei der Uraufführung im Juni 1957 in Straßburg den langsamen Satz (Cantilena) wiederholen; seine melodische Intensität hatte das Publikum schlicht überwältigt. Die Kritiker überschlugen sich; der Satz sei „etwas vom besten Poulenc, und sogar noch ein bißchen besser: ein ununterbrochener Gesang, der sich aus einer harmonischen Schreibweise von andauerndem Raffinement erhebt. Er steht in der größten französischen Tradition, jener, die von Couperin zu Debussy führt“, so die Zeitung Express. In Le Figaro stand zu lesen: „ein großer melodischer Regenbogen, auf einem bläulichen Grund aus schönen Harmonien; wenn ich dies schreibe, denke ich zuerst an die Cantilène der Sonate, eine ätherische, zauberhafte Seite Musik von ganz eigenartigem Elan.“
Trotz aller typisch französischen Eigenschaften kann man in der Sonate auch etwas von bachischen Harmonien wiederfinden. Sie ist ein Werk des Neobarock, das sich freilich wohltuend von der deutschen Variante dieser Richtung alla Reger oder Hindemith abhebt. Dies ist schon im ersten Satz zu spüren, wo das Hauptthema wie eine nostalgische Synthese aus 18. Jahrhundert und Debussy wirkt. Seinem melancholischen Duktus (Allegro malincolico) antwortet ein kesses Gegenthema, das beherzt in die dritte Flötenoktav führt. In freier dreiteiliger Form spielt der Satz die Möglichkeiten der beiden Themen, aber auch die Lagen der Flöte aus.
Die Kantilene des langsamen Satzes hat große Ähnlichkeit mit der Musik, die Poulenc kurz zuvor für S´ur Constance in dem Dialog der Karmeliterinnen geschrieben hatte. (Die geneigten Hörerinnen und Hörer sollten sich von der Schönheit dieses Flötenadagios zu einem Besuch der Oper bewegen lassen, die demnächst in Mainz gegeben wird!) Der Schlußsatz brennt ein Feuerwerk virtuoser Effekte ab, denen die Flöte wieder in gefährlicher Höhe die Glanzlichter aufsetzt. Unwillkürlich denkt man an die Geschmeidigkeit eines Jean-Pierre Rampal, dem Poulenc die Sonate auf den Leib schrieb. Übrigens wurde sie von dem englischen Komponisten Lennox Berkeley kongenial orchestriert.